Interview

: Mölling: "Nicht das letzte Paket" für Ukraine

15.05.2023 | 10:24 Uhr
Verteidigungsexperte Mölling ist sich sicher, dass die Ukraine noch in den nächsten Jahren Unterstützung braucht. Dies sei die "Herausforderung, vor der Gesamteuropa" stehen würde.

Die Ukraine müsse "weiterhin über die nächsten Jahre unterstützt werden", so Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik.

15.05.2023 | 05:53 min
Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hat das neue militärische Hilfspaket im Umfang von 2,7 Milliarden Euro, das die Bundesregierung der Ukraine zugesagt hat, als eine gute Unterstützung bezeichnet. "Wenn es jetzt schnell kommt, hilft es natürlich besonders gut", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.
Er sagte aber zugleich, dass die Ukraine in den nächsten Jahren auf weitere Hilfe angewiesen sein werde:
Ich glaube, dass man sich einfach darauf einstellen muss: Das ist nicht das letzte Paket, das geschnürt werden musste.
Verteidigungsexperte Christian Mölling
"Wir sind im Grunde in einer Phase, wo die Ukraine irgendwann mal von einem akuten Kriegszustand in einen Verteidigungs-, in einen Abschreckungszustand gehen muss", erklärte der Verteidigungsexperte.
Die Ukraine müsse "weiterhin kontinuierlich über die nächsten Jahre, wahrscheinlich sogar Jahrzehnte unterstützt werden", so Mölling. "Das ist die Herausforderung, vor der Deutschland, aber Gesamteuropa eigentlich, steht".

Selenskyj fordert Kampfjet-Allianz

Bei seiner Stippvisite in Deutschland hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bundesregierung auch um weitere Unterstützung beim Aufbau einer "Kampfjet-Koalition" gebeten. Wie zielführend eine solche europäische Kampfjet-Allianz für die Ukraine wäre, hängt laut Christian Mölling von den genauen Forderungen der Ukraine ab.
Eine "super gemischte" Flugzeugflotte sei "logistisch gesehen die Hölle". Zudem seien Flugzeuge "unheimlich teuer" in der Versorgung.
Wenn man es schaffen könnte, die Ukraine eben mit Blick auf die langfristige Perspektive mit ein oder zwei Flugzeugtypen auszurüsten und Deutschland es finanziell unterstützt, dann ist der Ukraine, glaube ich, mehr geholfen und Deutschland auch.
Christian Mölling, Verteidigungsexperte

Lange galt das deutsch-ukrainische Verhältnis als angespannt. Nun ist Präsident Selenskyj nach Deutschland gereist, wo ihm und dem ukrainischen Volk der Karlspreis verliehen wird.

14.05.2023 | 02:47 min

Was nutzen Waffenlieferungen ohne Munition?

Der Verteidigungsexperte stellt klar: Ohne Munition - zumindest in den Bereichen Artillerie und Infanterie - nutzen Waffen "gar nichts". "Es braucht die Munition", macht Mölling deutlich und spricht von der Suche nach "kreativen Lösungen".
Man müsse sich von dem Gedanken verabschieden, Munition für die Ukraine nur in Europa und von europäischen Herstellern zu beschaffen. "Das muss aus meiner Sicht ziemlich egal sein", sagt Mölling.
Hauptsache, die Ukraine hat genug, denn dann kann der Krieg verkürzt werden.
Christian Mölling, Leiter des Zentrums für Sicherheit und Verteidigung

Christian Mölling ...

Quelle: DGAP
... ist Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin und leitet dort das Programm Sicherheit, Verteidigung und Rüstung. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.

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Gegenoffensive "noch nicht voll im Gang"

Ob die Gegenoffensive der Ukraine noch vorbereitet wird oder schon begonnen hat, sei ein Blick in die Glaskugel, so Mölling. Generell sei der Übergang zu einer Offensive eher schleichend. Aber: "Sie ist auf alle Fälle noch nicht voll im Gange".
Ein wichtiger Baustein für den Erfolg der Frühjahrsoffensive sei allerdings letzte Woche bekannt geworden: Die Ukraine habe "endlich" Marschflugkörper mit langer Reichweite geliefert bekommen," erklärt Christian Mölling.
Die geben der Ukraine zumindest die Chance, die Logistik Russlands unter Beschuss zu nehmen - und damit im Grunde genommen, es möglich zu machen, dass die russischen Truppen an der Front quasi ausgetrocknet werden, sie keine Munition, keinen Treibstoff mehr haben.
Christian Mölling, Verteidigungsexperte
Dadurch müssten sich die russischen Truppen möglicherweise früher ergeben. "Sodass man einen Teil der Linien gar nicht durchbrechen muss, zumindest nicht gegen die Kampfkraft der russischen Verbände", erklärt Mölling weiter.
"Sie können niemanden zu einem Frieden zwingen, weder Putin noch die Ukraine", sagt Christian Mölling über mögliche Friedensverhandlungen. "Wichtig sei, dass das, was nachher als Endstatus herauskommt, nicht nur morgen, sondern auch übermorgen noch gilt."
Militärexperte Carlo Masala sieht momentan keine Chance für eine Friedensinitiative im Ukraine-Krieg.
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Quelle: ZDF

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