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: Wie Hyposensibilisierung Allergikern hilft

von Corinna Klee
09.04.2024 | 07:04 Uhr
Eine Allergie kann lästig sein. Lebensbedrohlich ist sie für Menschen, die allergisch auf Bienen- und Wespenstiche reagieren. Eine Hyposensibilisierung kann Betroffene schützen.

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Nicht alle lieben den Sommer. Für manche bedeutet er Einschränkungen aus Sorge vor einem Bienen- oder Wespenstich. Die gute Nachricht: Nicht nur für Pollenallergiker, sondern auch für Betroffene mit einer Insektengiftallergie gibt es wirksame Hilfe.

Was ist eine Hyposensibilisierung?

Die Hyposensibilisierung, auch bekannt als spezifische Immuntherapie, besteht aus regelmäßigen Injektionen, die das allergieauslösende Gift der Biene oder Wespe enthalten. Damit wird der Körper in langsam steigender Dosierung an das Allergen gewöhnt.
Bei einer Allergie erkenne der Körper eine normalerweise harmlose Substanz plötzlich als körperfremd und versuche, diese zu bekämpfen. Schlimmstenfalls mit einer schweren allergischen Reaktion, erklärt Nicola Wagner, Hautärztin und Allergologin am Uniklinikum Erlangen.
Bei der Hyposensibilisierung füttert man das Immunsystem deswegen Stück für Stück mit kleinen Dosen des Gifts.
Priv.-Doz. Dr. Nicola Wagner, Allergologin, Uniklinikum Erlangen
Der Körper lerne, das Gift zu tolerieren und keine allergische Reaktion als Antwort auszulösen, so die Expertin.

Hyposensibilisierung bei Insektengiftallergie stationär

Um mögliche Risiken zu minimieren, werden Betroffene in der Regel zu einer Aufdosierungsphase zwei bis drei Tage stationär aufgenommen.
Bei der Therapie kann es die gleichen Risiken geben wie bei dem Stichereignis, dass man allergisch reagiert. Das kann bis hin zum allergischen Schock sein.
Priv.-Doz. Dr. Nicola Wagner, Allergiezentrum, Uniklinikum Erlangen
Deswegen mache man die kritische Phase in der Regel stationär, sagt Wagner. Die Dosis mit dem Insektengift wird dann kontinuierlich gesteigert. Bereits nach wenigen Tagen ist eine Erhaltungsdosis erreicht, die Betroffenen einen Grundschutz bietet. Damit der Schutz langfristig bestehen bleibt, muss die Therapie über drei bis fünf Jahre fortgesetzt werden. Der Patient erhält dann einmal im Monat ambulant eine Spritze.
Die Nebenwirkungen der Therapie sind gering: Rötungen und Schwellungen an der Einstichstelle, manchmal Müdigkeit oder Kopfschmerzen. Wegen der Gefahr einer anaphylaktischen Reaktion müssen Betroffene nach der Spritze eine halbe Stunde in der Praxis warten.

Hyposensibilisierung bei Pollenallergikern

Quelle: Imago
Pollenallergien sind eine häufige Form von Allergie, die saisonal auftritt und Symptome wie Niesen, laufende Nase, juckende Augen und Atembeschwerden verursacht. Die Hyposensibilisierung eignet sich hier nicht für jeden Allergieauslöser. Zugelassene Therapie-Allergene gibt es gegen Gräser-, Getreide- und Kräuterpollen, gegen Baumpollen wie Erle, Buche, Hasel oder Eiche sowie auch gegen Hausstaubmilben.

Die Therapie bei Pollenallergikern funktioniert ähnlich wie bei einer Insektengiftallergie. Der Betroffene erhält regelmäßig Injektionen, Tabletten oder Tropfen (sublinguale Behandlung), die kleine Mengen des allergieauslösenden Pollens enthalten. Auch hier wird das Immunsystem langsam desensibilisiert, also an das Allergen gewöhnt. Die Behandlung kann dazu beitragen, Symptome zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich zu verbessern.

Eine Hyposensibilisierung gegen Insektengifte zeigt die besten Erfolge. Aber auch bei einer Allergie gegen Hausstaubmilben und saisonale Pollen gibt es gute Erfolgsquoten. Studien zufolge kann die Hyposensibilisierung Heuschnupfenbeschwerden bei einer Allergie gegen Gräserpollen um bis zu 85 Prozent verringern. In der Regel dauert es etwa drei Jahre, bis die Behandlung Wirkung zeigt.

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Wann die Hyposensibilisierung sinnvoll ist

Die Allergologin rät allen Personen, die bei einem Bienen- oder Wespenstich schwere allergische Reaktionen zeigen, zu einer Hyposensibilisierung. Zu schweren allergischen Reaktionen zählen Hautausschläge wie Nesselsucht, starke Schwellungen an der Einstichstelle sowie Atemnot und allergischer Schock, schlimmstenfalls ein Atemstillstand.
Die Hyposensibilisierung ist eine hervorragende Therapie, weil sie als einziges ursächlich die Allergie behandelt.
Priv.-Doz. Dr. Nicola Wagner, Hautärztin, Uniklinikum Erlangen
Ein Antiallergikum einzunehmen, sei nur eine symptomatische Therapie. Aber durch die Hyposensibilisierung könne man die Allergie wirklich loswerden, erklärt die Expertin.

Wie gut eine Hyposensibilisierung bei Allergien wirkt

Generell hat die Behandlung bei Insektengiften eine hohe Erfolgsquote: Bei einer Bienengiftallergie liegt die Erfolgsrate nach fünfjähriger Therapie bei über 80 Prozent, bei der Wespengiftallergie sind es sogar über 95 Prozent. Die Wirkung hält viele Jahre an. Wird der Betroffene im Laufe dieser Zeit von einer Biene oder Wespe gestochen und zeigt eine normale Reaktion, belegt das die Wirksamkeit.
In manchen Kliniken wird am Ende der Behandlung eine Insektenstichprovokation mit einer echten Biene oder Wespe durchgeführt. Auch Haut- und Bluttests können helfen, die Wirksamkeit der Therapie zu überprüfen.

Warum das Notfallset wichtig bleibt

Als Bienen- und Wespenstichallergiker sollte man immer ein Notfallset dabeihaben. Es enthält eine Adrenalinspritze, meist in Form eines Pens, eine kortisonhaltige Tablette oder den entsprechenden Saft sowie ein Antihistaminikum.

Bei leichteren Beschwerden sollte man zunächst das Antihistaminikum einnehmen. Je nach Stärke der Schwellung um die Einstichstelle herum auch das Kortison-Präparat. Kommen Übelkeit, Kreislaufprobleme oder Atemnot dazu, sollte das Adrenalin in den Oberschenkel gespritzt werden.

Auch wenn die Hyposensibilisierung beendet ist, sollten Allergiker das Set sicherheitshalber immer dabei haben. Es besteht immer ein geringes Restrisiko, auf einen Stich allergisch zu reagieren.

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