: Wilders bringt Opfer

von Britta Behrendt
02.07.2024 | 14:38 Uhr
Es war eine zähe Regierungsbildung in den Niederlanden. Wahlsieger Geert Wilders hat für seine Vierer-Koalition politische Opfer gebracht. Jetzt wurde die neue Regierung vereidigt.

Die Regierungsbildung hat einige Zeit in Anspruch genommen. Anstelle von Wahlsieger Geert Wilders wurde Dick Schoof als neuer Ministerpräsident der Niederlande vereidigt.

02.07.2024 | 01:36 min
Am Dienstag um 11 Uhr versammelt sich die neue Regierung mit König Willem Alexander zum offiziellen Foto auf den Stufen des Palastes in Den Haag. Anstelle von Wahlsieger Geert Wilders wird Dick Schoof als neuer Ministerpräsident der Niederlande vereidigt. Um eine Koalition zustande zu bringen, opferte Wilders den Chefsessel.

Neue Regierungskoalition in den Niederlanden

Vier Parteien bilden die neue Regierung: neben der Partei für die Freiheit (PVV) von Rechtspopulist Geert Wilders, die vorherige konservativ-liberale Regierungspartei, die Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), außerdem die Parteien Neuer Sozialvertrag (NSC) und Bauer Bürgerbewegung (BBB). Zusammen haben sie 88 von 150 Sitzen im Parlament und 30 von 75 Sitzen in der ersten Kammer.

Sechs Monate nach der Parlamentswahl bildet sich in den Niederlanden eine neue Regierung. Geert Wilders und drei weitere rechte Parteien haben sich auf eine Koalition geeinigt.

16.05.2024 | 01:46 min

PVV von Geert Wilders war Wahlsieger

Die rechtsradikale Partei von Geert Wilders ist zum ersten Mal Regierungspartei. Zuvor war Wilders in der ersten Regierung von Ex-Ministerpräsident Mark Rutte lediglich Teil einer Duldungskonstruktion, die er nach knapp zwei Jahren 2012 zu Fall brachte. Rutte versprach daraufhin, nie wieder mit Wilders eine Koalition bilden zu wollen.
Ruttes Nachfolgerin an der VVD-Spitze Dilan Yesilgöz hatte im Wahlkampf eine Zusammenarbeit mit Wilders nicht mehr ausgeschlossen. Beobachter machen dies für den zusätzlichen Stimmengewinn der rechtspopulistischen PVV im Wahlkampf verantwortlich.

Auf das Amt des Premierministers hat Wilders bei der Regierungsbildung in den Niederlanden aus strategischen Gründen verzichtet.

16.05.2024 | 02:33 min

Regierungsbildung mit Hindernissen

Die Regierungsbildung verlief seit November äußerst holperig. Wilders musste politisch viele Opfer bringen, um die drei rechten Parteien zu überzeugen. Außerdem hat er ein Personalproblem. Der erste PVV-Kandidat für den Informateur, der in den Niederlanden mit den Verhandlungen zur Regierungsbildung beauftragt wird und traditionell aus den Reihen des Wahlsiegers kommt, musste kurz nach seiner Ernennung wegen eines Korruptionsskandals den Hut nehmen. Seine Nachfolger kamen schon nicht mehr aus PVV-Kreisen, sondern aus denen der Sozialdemokraten, der größten Oppositionspartei PvdA.

Lange Suche nach Vizepremier

Der PVV-Vizepremierskandidat Gigi Markusover wurde zurückgezogen, weil der niederländische Geheimdienst Sicherheitsbedenken hatte. Die zweite Kandidatin, Marjolein Faber, hatte als Fraktionsvorsitzende in der ersten Kammer die faschistische "Umvolkungstheorie" vertreten. Jetzt wird Fleur Agema, langjährige Vertraute von Wilders und Gesundheitsministerin der neuen Regierung, Vizepremier.
"Umvolkung", eine Erzählung der Rechten und Verschwörungstheoretiker, war auch Thema bei den parlamentarischen Anhörungen der zukünftigen Minister. Nicht nur Faber, auch die zukünftige Ministerin für Außenhandel und Entwicklungshilfe, Reinette Klever, musste sich verantworten, die Theorie verbreitet zu haben.

Geert Wilders: Standpunkte hinten angestellt

Geert Wilders wird weder Regierungschef noch Minister. Er bleibt als Fraktionsvorsitzender im Parlament, ebenso wie die anderen Parteichefs der Koalitionsparteien - ein Zugeständnis. Wilders hat seine extremen und teilweise verfassungsfeindlichen Standpunkte wie Verbot von Moscheen und Islamunterricht, oder kein Wahlrecht für Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft vorläufig auf Eis gelegt, um regieren zu können und in der Koalitionsvereinbarung den anderen drei Parteien viel Raum gegeben.

Wer ist Geert Wilders?

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So wird die BBB sowohl Ministerin als auch Staatssekretär im Landwirtschaftsressort stellen. NSC bekommt das Außen- und Innenministerium und VVD das Finanzministerium.

Neuer Ministerpräsident ist Dick Schoof

Eigentlich wollte man außerparlamentarisch arbeiten und für die Ministerposten Experten von außerhalb gewinnen. Das hat - wenn überhaupt - nur beim neuen Ministerpräsidenten, Dick Schoof, geklappt. Schoof ist pensionierter hoher Beamter, war Generalsekretär von zwei Ministerien, sowie Chef des Geheimdienstes und nationaler Terrorismuskoordinator. Er war einfaches Mitglied der Sozialdemokraten. Es ist für ihn die erste politische Funktion.
Der politische und persönliche Dissens zwischen den Koalitionspartnern ist augenscheinlich. Nur wenige politische Beobachter erwarten, dass diese Regierung aus vier höchst unterschiedlichen Parteien die Legislaturperiode bis zu Ende bringen wird.

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