Analyse

: Worauf es bei der ersten TV-Debatte ankommt

von Anna Kleiser, Washington D.C.
27.06.2024 | 17:00 Uhr
Nach wochenlangem Fernduell kämpfen Biden und Trump erstmals auf einer Bühne um Stimmen. Die USA blicken gespannt auf das erste TV-Duell um 3 Uhr, das mit alten Regeln bricht.

Bei der TV-Debatte zwischen US-Präsident Biden und Ex-Präsident Trump wird es um vieles gehen: Wirtschaft, Abtreibung, Migration. In den Umfragen liegen beide gleich auf.

28.06.2024 | 02:32 min
Stummschaltung so lange der andere spricht, kein Publikum, keine Absprachen mit dem Team in den Werbepausen: Das ist ein Teil der Regeln, denen US-Präsident Joe Biden und sein Herausforderer Donald Trump zugestimmt haben. Seit Wochen zeigen die Umfragen ein enges Rennen, die Debatte soll nun den Unterschied machen.
Ihr erstes TV-Duell 2024 ist außergewöhnlich früh. Wohl auch, um den Wählerinnen und Wählern klarzumachen: Es bleibt dabei, wir sind die Kandidaten. Vieles an dieser Wahl ist außergewöhnlich, so auch die prägenden Narrative. Biden wirft seinem Herausforderer vor, die Demokratie zu zerstören und Trump behauptet, sein Gegner sei korrupt und senil.

Warum dieses Mal alles anders ist

Über drei Jahrzehnte war eine unabhängige Kommission für die Debatten zuständig. Dieses Mal ist es zum ersten Mal seit 1988 nicht mehr der Fall. Statt der von der Kommission geplanten Debatte im September, findet sie nun schon Ende Juni und organisiert vom TV-Sender CNN statt.

Hintergrund ist neben Kritik an der Kommission unter anderem auch ein Fernduell über Social Media. Biden forderte Trump nach mehrfachen Debattenaufrufen Trumps heraus, den Zuschlag für die erste Debatte bekam CNN. In den Studios des Senders in Atlanta, Georgia, findet die Debatte statt. Moderieren werden die beiden CNN-Gesichter Jake Tapper und Dana Bash. Los geht es um 21 Uhr Ortszeit, drei Uhr nachts in Deutschland. Die Regeln hat der Sender mit den Wahlkampfteams der Kandidaten ausgehandelt.

Es wird zudem eine zweite Debatte am 10. September bei dem Sender ABC geben. Dort soll, anders als bei CNN, dann wieder Publikum mit dabei sein.

Teams wollen frühe Debatte in Kopf-an-Kopf-Rennen

Schon seit Monaten deuten Umfragen auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen zwei generell sehr unbeliebten Kandidaten hin. Viele Menschen in Amerika hatten auf andere Kandidaten gehofft, doch das Ergebnis der Vorwahlen ist unausweichlich die Wiederholung von 2020.
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Nun glauben und hoffen beide Wahlkampfteams, von einem frühen direkten Schlagabtausch profitieren zu können. Dabei geht es vor allem um die unentschlossenen Wählerinnen und Wähler. Denn durch das Wahlsystem in den USA reichen bereits einige Zehntausend Stimmen, um eine Präsidentschaftswahl zu entscheiden.
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Die wichtigsten Themen beim TV-Duell Biden vs. Trump

Ganz oben auf der Liste der wahlentscheidenden Themen steht für viele Menschen in den USA die Wirtschaft. Damit gemeint ist der eigene Geldbeutel: Ob Lebensmittel oder Mieten - vieles ist teurer als vor der Pandemie, während Trump noch Präsident war. Obwohl sich die Wirtschaft unter Biden erholt hat, und die Zahl der Arbeitslosen gering ist, konnte er das bisher nicht als Erfolg an die Wählerinnen und Wähler verkaufen.
Das Thema, dass die Republikaner und Trump ganz vorne auf die Agenda setzen, ist Migration und das, aus ihrer Sicht, Versagen der Biden-Regierung. Der US-Präsident hat erst Anfang Juni die Asylregeln per Dekret verschärft, nicht unumstritten unter Demokraten. Hier wird es wechselseitige Schuldzuweisungen regnen.

Beim ersten TV-Duell mit seinem Herausforderer Donald Trump will US-Präsident Joe Biden mit seinen Erfolgen bei den Wählern punkten. Doch was hat er tatsächlich erreicht?

16.06.2024 | 22:46 min
Für Biden liegt ein Schwerpunkt beim Streitthema Abtreibung. Bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren hat das Thema die Republikaner Stimmen gekostet, daher setzen die Demokraten es wieder vorne auf die Agenda. Hinzukommt für Biden, das, was er als seinen Antrieb nennt: Den Erhalt der US-amerikanischen Demokratie und die Warnung vor dem, was Trump bei einer zweiten Amtszeit umsetzen würde.
Spannend wird auch der Umgang mit Trumps juristischen Problemen im Duell. Während Trump über ein korruptes Justizsystem wettert und damit Millionen an Spendengeldern einsammelt, hält sich Biden bei dem Thema meist bedeckt. Eben auch, um deutlich zu machen, die Justiz entscheidet unabhängig.

Als erster US-Ex-Präsident wurde Donald Trump gestern in einem Strafprozess schuldig gesprochen. Er versucht nun, das Urteil für sich zu nutzen - als "politischer Gefangener".

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Eine Frage der Fitness

Nachdem Trump, sein Team und rechte Medien über Monate Biden als senilen Greis gezeichnet haben, bemüht er sich nun die Erwartungen herunterzuschrauben. In einem Interview nennt Trump Biden einen guten Debattierer, den er nicht unterschätzen werde. Zudem streut er bei Wahlkampfauftritten die Erzählung, Biden würde aufgeputscht. Zudem hätte CNN sowieso etwas gegen Trump. Es ist ein Versuch, sich abzusichern, sollte die Latte eben doch höher liegen.
Für Biden hingegen bedeutet der permanente Druck auf sein Alter: Er darf sich keinen groben Patzer erlauben.

Über vier Millionen Follower bei TikTok sammelt Donald Trump in zwei Tagen - Bidens Wahlkampf-Account dümpelt bei mehreren Hunderttausend. Wie sich Ansatz und Erfolg unterscheiden.

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In einer Wahl, bei der klassische Medien an Gewicht verloren haben, ist die Debatte auch eine Schlacht um die besseren Ausschnitte für Soziale Medien. Wie agil, schlagfertig und dominant die Kandidaten wirken, wird neben den Inhalten über den Gewinner des Abends entscheiden.
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.

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