: Was die Amerikaner zum Trump-Urteil sagen

von Anna Kleiser, Washington D.C.
31.05.2024 | 21:10 Uhr
Donald Trump ist im Wahlkampfmodus und seine Wähler sind es mit ihm. Nach dem Urteil sprechen sie von "Schande". Trump-Gegner hingegen loben die Justiz und hoffen auf Normalität.
Vor dem Gerichtsgebäude reagierten Trumpisten und Trump-Gegner auf das Urteil gegen den ehemaligen US-Präsidenten. Quelle: epa
Die New York Times mit der Schlagzeile "SCHULDIG" liegt neben einer New York Post mit der Schlagzeile "UNGERECHTIGKEIT". Da Papier nicht schreien kann, ist es ruhig in dem Kiosk. Doch das Land brodelt nach der historischen Verurteilung des Ex-Präsidenten Donald Trump.
Direkt vor dem Gericht schrien sich Trump-Anhänger und -Gegner an. Die einen sehen in dem Urteil einen Beweis für ein kaputtes und korruptes Justizsystem, die anderen den Beweis für ein funktionierendes und unabhängiges.

Als erster US-Ex-Präsident wurde Donald Trump gestern in einem Strafprozess schuldig gesprochen. Er versucht nun, das Urteil für sich zu nutzen - als "politischer Gefangener".

31.05.2024 | 01:46 min

Komplett konträre Reaktionen

Die Reaktionen der Amerikanerinnen und Amerikaner reichen von Erleichterung bis Wut, je nachdem, wer gefragt wird. Einige sprechen von einem traurigen Tag für das Land, andere tanzen vor Freude.
Tina war selbst bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal. Sie ist enttäuscht, ihre Freundin habe nach dem Urteil geweint.
Wir müssen für ihn kämpfen. Seine Anwälte werden für ihn kämpfen - für die Gerechtigkeit.
Tina in New York
Viele Trump-Fans sprechen von Schande, so auch Anna: "Es ist eine absolute Schande. Mit dem, was sie heute hier getan haben, haben sie beschlossen, unser Rechtssystem zu brechen."
Lolly, eine ältere Wählerin aus Oklahoma sagt, die Nachricht habe sie unfassbar gefreut. Sie sei umgeben von Trump-Anhängern, das sei frustrierend. Mit Gleichgesinnten habe sie nun eine Party geplant, mit anderen werde sie nicht darüber sprechen. Auch die 24-jährige Alexa findet das Urteil fantastisch.
Ich bin so glücklich! Ich hasse Donald Trump.
Alexa in Washington D.C.
Bis auf ein paar spontane Proteste und Versammlungen ist es am Tag nach dem Urteil ruhig geblieben. Dennoch wächst bei einigen im Land die Sorge um die Sicherheit der Geschworenen und des Richters.

Donald Trump ist der erste strafrechtlich verurteilte Ex-US-Präsident der Geschichte. Meinungen von Bewohnern aus Washington D.C. und New York.

31.05.2024 | 01:28 min

Folgen für Präsidentschaftswahl offen

Viele Wähler fragen sich, was das für die US-Wahl im November bedeutet. Fest steht, Trump wird weitermachen - und auch als verurteilter Straftäter kann er US-Präsident werden. Für seine Unterstützer ist klar: Jetzt erst recht. Sie stehen hinter ihrem Kandidaten, komme was wolle. Sie gehen davon aus, dass die Verurteilung ihm nutzt.
FUCK Joe Biden! Donald Trump hat gerade die Wahlen 2024 gewonnen.
Demonstrant in New York
Auch Monica will Trump wählen. Sie ist sich sicher: "Das wird ihnen so um die Ohren fliegen, es ist lächerlich. (...) Die Leute werden jetzt noch mehr auf den Trump-Zug aufspringen."
Dieses Gefühl haben auch progressive Wähler. Sie hoffen zwar, dass sich durch das Urteil etwas ändert, sind aber wenig optimistisch.
Es sieht so aus, als würde es nichts ändern. Ich hoffe, dass er wirklich Unterstützung verliert und hinter Gitter muss. Aber ich befürchte, er wird sich herauswinden.
Simi in Washington D.C.
Daneben gibt es auch diejenigen, die sich nicht sonderlich für Politik interessieren, desillusioniert auf die Wahl schauen. Sie sprechen von einer sehr schwierigen Wahl, wissen noch nicht, wie sie damit umgehen wollen.
Umfragen deuten darauf hin, dass es vor allem unentschlossene Wählerinnen und Wähler sein könnten, die Trump nach der Verurteilung eine Absage erteilen. Es sind zwischen zwei und fünf Prozent aller Wähler. Was wenig klingt, kann in Swing States wahlentscheidend sein.

Der Vorwurf gegen Trump rechtfertige vermutlich keine Haftstrafe, erklärt Jürgen Rodegra, Anwalt in Berlin und New York. Eine Geldstrafe wäre keine Kleinigkeit.

31.05.2024 | 10:30 min

Trump ist im aggressiven Wahlkampfmodus

Donald Trump und sein Team haben seit Monaten ihre Erzählung einer politischen Hexenjagd auf allen Kanälen wiederholt. Auch wenn es keine Beweise dafür gibt, machen sie den US-Präsidenten Joe Biden dafür verantwortlich.
Auch in seiner Pressekonferenz am Tag nach dem Urteil vermischt ein verärgerter Trump Kommentare zum Urteil - "sehr unfair" - mit Wahlkampfbotschaften:
Wir haben es mit einer korrupten Regierung zu tun. Wir haben ein korruptes Land. Unsere Wahlen sind korrupt.
Donald Trump
Um für das Land zu kämpfen, bittet er um Spenden. Sein Team habe innerhalb weniger Stunden Rekordspenden in Höhe von 39 Millionen US-Dollar eingenommen.

Im Prozess um Schweigegeldzahlungen im Wahlkampf 2016 haben die Geschworenen den Ex-Präsidenten schuldig gesprochen. ZDFheute live zeigt Trumps Pressekonferenz und ordnet ein.

31.05.2024 | 59:45 min
Hochrangige Republikaner überbieten sich gegenseitig, Trump beizuspringen und das Urteil zu verurteilen. Der Trumpist und Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sprach von einer "rein politischen Angelegenheit, keiner juristischen."

Biden bricht mit Zurückhaltung und fürchtet Gefahr für Justizsystem

All diese Botschaften verfangen und untergraben das Fundament einer Demokratie. Ein junger Wähler sagt ZDFheute resignierend:
Viele Trump-Anhänger sind der Meinung, die Medien seien falsch, alles sei eine Lüge. Es ist alles so polarisiert, ich glaube nicht, dass es jemanden interessiert. Wir sind am Arsch, was soll man machen?
Eric
ZDFheute Infografik
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Joe Biden hat sich lange nicht zu Trumps Prozessen geäußert. Der Amtsinhaber wollte verhindern, in die Nähe der Anklagen gerückt zu werden. Am Freitag machte er jedoch klar, die Geschworenen hätten ein unabhängiges Urteil gefällt. Trump könne dieses nun anfechten, so funktioniere das US-Justizsystem.
Es ist fahrlässig, es ist gefährlich, es ist unverantwortlich, wenn jemand behauptet, es sei manipuliert worden, nur weil ihm das Urteil nicht gefällt.
Joe Biden, US Präsident
Mit einem entfesselten Trump und einem aggressiveren Biden geht der Wahlkampf nach dem Urteil in die nächste Phase. Bidens Team machte klar, Trump könne nur an der Wahlurne gestoppt werden. Auch Trump spricht davon, dass der Wahltag, also der 5. November, der wichtigste Tag in der Geschichte des Landes sei. Es ist vielleicht der einzige Punkt, in dem die beiden übereinstimmen.
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.
Mitarbeit: Céline Schuster im ZDF-Studio New York.

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