: Frei: Keine "Einbahnstraße" aus Afghanistan

von Philipp Dietrich
11.06.2024 | 14:45 Uhr
Abschiebungsdebatte kontrovers: Thorsten Frei (CDU) kritisiert im moma-Duell eine "Einbahnstraße" aus Afghanistan. Julian Pahlke (Grüne) lehnt Gespräche mit den Taliban strikt ab.

Über das Abschieberecht von Schutzsuchenden diskutieren Thorsten Frei, Geschäftsführer Unions-Bundestagsfraktion, sowie Julian Pahlke (B‘90/Die Grünen), Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Seenotretter.

11.06.2024 | 12:01 min
Die Diskussion über Abschiebungen, auch nach Afghanistan, geht weiter - innerhalb der Regierung und mit der Opposition. Aktuelle Zahlen: Bis Mai 2024 wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 16.950 Anträge auf Asyl von Menschen aus Afghanistan gestellt.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) trat vor der Wahl im Bundestag bestimmt auf: "Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren." Und Innenministerin Nancy Faeser versprach: "In Kürze werde ich hier eine Verschärfung des Aufenthaltsrechts vorlegen".

Frei: Abschiebung nach Afghanistan "rechtlich möglich"

Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stimmt mit dem Bundeskanzler fast wörtlich überein. Auch für ihn gilt, "das Sicherheitsinteresse der deutschen Bevölkerung wiegt schwerer als das Schutzbedürfnis von Schwerverbrechern".
Frei sieht im ZDF moma-Duell Abschiebungen nach Afghanistan "rechtlich möglich, tatsächlich möglich, wenn auch schwierig". Er möchte, dass nach "Lösungen gesucht wird und nicht nach Problemen, wie man so etwas verhindern kann". Frei greift hiermit die Position der Grünen als Mitregierende direkt an.

Sind die Grünen dafür, dass demnächst Straftäter nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden? Der Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour im Gespräch bei Markus Lanz.

07.06.2024 | 01:24 min

Pahlke: "Erhebliche Zweifel" an Afghanistan-Abschiebung

Bundestagsmitglied Julian Pahlke (Grüne) hat "erhebliche Zweifel" an der Möglichkeit von Rückführungen nach Afghanistan. CSU-Innenminister Horst Seehofer habe 2021 die Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt, weil "Straftäter und Gefährder in dem Land nicht sicher sind" und die sie begleitenden Bundespolizisten "ebenfalls nicht sicher sind". Politikerinnen und Politiker sollten "nicht Dinge versprechen, die man am Ende nicht umsetzen kann."
Für Frei ist 2021 eine "völlig andere Zeit" und die Gefährdungslage in Afghanistan "heute eine völlig andere - junge Männer, die Islamisten sind, die sind in Afghanistan keinen Gefahren ausgesetzt". Er redet nicht von "Frauen und nicht von Journalisten", sondern über Islamisten.

Gespräche mit den Taliban legitim?

Für Pahlke verhindern sowohl die "europäischen Menschenrechte" als auch die "Genfer Flüchtlingskonvention" Abschiebungen nach Afghanistan. Und selbst wenn diese übergangen würden, müsste mit den Taliban gesprochen werden. "Genau die Taliban, die in Afghanistan Frauen unterdrücken, die morden, die steinigen, die Menschen exekutieren - und das wären dann die Partner". Das sei gefährlich, so Pahlke.
Ein "größerer Auftrag" sei "die Bekämpfung des politischen Islam". Und den "werden wir nicht mit so einfachen Thesen bekämpfen können".

Probleme, wie Islamismus, müssten im gemeinsamen Diskurs gelöst werden, so Islamismus-Experte Güvercin. Das funktioniere nicht, wenn die gesellschaftliche Spaltung voranschreitet.

03.06.2024 | 13:13 min
Hier widerspricht Frei entschieden: Es wäre eben "keine Legitimierung des Talibanregimes", da es "heute schon technische Kontakte" gäbe, um "Entwicklungshilfegelder auszureichen und Entwicklungshilfe vor Ort zu leisten". Es würden auch heute Menschen aus Afghanistan über das Bundes-Aufnahmeprogramm nach Deutschland kommen: "Sie reisen über Pakistan" und "werden mit Pässen ausgestattet". Technische Beziehungen" seien also möglich.

Frei: Keine Einbahnstraße aus Afghanistan

Für Thorsten Frei ist es schlicht "nicht in Ordnung", dass es aus Afghanistan eine Einbahnstraße zu geben scheint, also "Aufnahmeprogramme aus Afghanistan nach Deutschland - aber eine Unmöglichkeit, Straftäter dorthin abzuschieben".
Natürlich gebe es diese technischen Kontakte, so Pahlke, dabei gehe es aber um "humanitäre Hilfe für über 20 Millionen Menschen", also "um absolute Grundbedürfnisse". Da gäbe es natürlich Gespräche, "selektiv" und "natürlich in Katar". Das sei aber "längst noch keine Anerkennung der Taliban".

Der CDU-Politiker Thorsten Frei wirft der Ampel-Regierung Untätigkeit bei der Abschiebung islamistischer Straftäter nach Afghanistan und Syrien vor und fordert einen "grundlegenden Paradigmenwechsel" in der Migrationspolitik.

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Pahlke: Taliban wollen mit "am Tisch sitzen"

Die Taliban wollen, so Pahlke, anerkannt werden. Sie hätten mit einem Statement auf die Abschiebungspläne aus Deutschland reagiert und darin eine Einreise über Drittstaaten ausgeschlossen und angeboten, über direkte Beziehungen zu sprechen. Die "wollen endlich auf Augenhöhe" und "mit den Großen am Tisch sitzen". Hier zieht Pahlke eine rote Linie: "Mit einem Terrorregime, mit dem können wir nicht am Tisch sitzen."
Den Attentäter von Mannheim möchte Pahlke nicht in Afghanistan auf freiem Fuß wissen, sondern in Deutschland verurteilt und seine Strafe verbüßen. Darin stimmt ihm Frei zu. Vor allem die "Resozialisierung des Täters" sieht Frei nicht als Aufgabe des deutschen Staates an.

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