: Röttgen zu Migration: "Eine Minute vor zwölf"

von Pierre Winkler
09.05.2023 | 23:26 Uhr
Bund und Länder streiten in der Flüchtlingsfrage ums Geld. CDU-Politiker Norbert Röttgen fordert einen nationalen Konsens und spricht von einem möglichen "Versagen".

Sehen Sie hier die komplette Sendung Markus Lanz vom 9. Mai.

09.05.2023 | 74:50 min
Norbert Röttgens Botschaft vor dem Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt war klar: Deutschland braucht dringend Einigkeit in der Migrationspolitik. Es dürfe nicht mehr einen "Kontrollverlust" wie im Jahr 2015 geben, als die deutsche Politik von den Flüchtlingszahlen überrascht worden sei.
"Das ist eine Erschütterung der Autorität des Staates und seiner Legitimation, wenn das wieder erfolgt", sagte Röttgen am Dienstagabend bei Markus Lanz.
Es ist wirklich jetzt eine Minute vor zwölf.
Norbert Röttgen, CDU-Politiker

Zum Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt fordern die Länder vom Bund mehr Unterstützung, vor allem finanziell.

09.05.2023 | 01:36 min

Gipfel berät über weitere Finanzierung

Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich am Mittwoch mit den Ministerpräsidenten aller Länder, um über die Kosten der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten und Asylbewerbern zu beraten.
Länder und Kommunen hatten in den vergangenen Monaten immer wieder zusätzliches Geld vom Bund gefordert. Das lehnen sowohl Scholz als auch Finanzminister Christian Lindner bislang ab.
Das Geld ist ein Symptom, das Problem ist ja ein ganz anderes.
Norbert Röttgen, CDU-Politiker
"Und man könnte mal einen Gipfel zum Problem machen, das wäre sinnvoller. Und zwar: Was ist eigentlich unsere Politik zu diesem Thema?", so Röttgen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil erklärte: Wenn die Flüchtlingszahl steige, "dann muss auch der Bund sich beteiligen".

08.05.2023 | 07:27 min

Röttgen: Politik spricht über Kern des Problems

Die Situation sei 2015 "so dramatisch" gewesen, "dass man eigentlich hätte glauben können, dass man an dem Thema dranbleibt". Das habe die Politik aber versäumt, so Röttgen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe "vor ungefähr zwei Jahren Vorschläge gemacht und jetzt wird gestritten über Geldverteilung als Folge des Problems, aber nicht über Problemlösungen." Ein "Versagen" in dieser Frage könne sich Deutschland "wirklich nicht leisten".

Bund und Länder streiten um den Umgang mit Geflüchteten. Während die Länder mehr finanzielle Unterstützung fordern, setzt die Bundesregierung auf konsequentere Abschiebungen.

08.05.2023 | 02:02 min

Röttgen sieht ohne schnelle Einigung Zuwächse bei der AfD

Röttgen forderte einen "nationalen Konsens", denn Migration sei "ein gesamtgesellschaftliches Thema, bei dem bis auf eine Partei alle Verlierer sind, wenn es nicht gelöst wird". Dabei spielte er auf die AfD an, bei der Röttgen offenbar Stimmengewinne befürchtet, sollten sich Bund und Länder nicht schnell einigen.
Dieser momentane Streit sei "total konfrontativ und das ist für das Thema total falsch". Konkret schlug Röttgen gemeinsame europäische Maßnahmen vor:
Und da stehen Grenzkontrollen und Verfahren, durchgeführt an den EU-Außengrenzen ganz mit vorne dran.
Norbert Röttgen, CDU-Politiker

Vor dem Flüchtlingsgipfel am Mittwoch sind die Fronten verhärtet.

08.05.2023 | 01:36 min

Röttgen: SPD hat eigenes Tabu gebrochen

Die Union habe das schon in der letzten Großen Koalition vorgeschlagen, "von der SPD abgelehnt als Koalitionspartner, von den Grünen attackiert als 'Inhumanität'", wie Röttgen es formulierte. "Aber die Bundesinnenministerin von der SPD jetzt hat sich auf diesen Kurs, der auch von der EU-Kommission vorgegeben wird, im Wesentlichen begeben", sagte Röttgen.
Innenministerin Nancy Faeser hatte sich dafür starkgemacht, Asylverfahren an die EU-Außengrenzen zu verlagern und diese Grenzen auch mit "hohen Zäunen und Mauern" zu schützen. Röttgen nannte das aus Perspektive der SPD einen "Tabubruch".

Röttgen: "Wir sind human empfindsam"

Aber, fuhr der CDU-Außenpolitiker fort: "Man muss dann auch mit den EU-Grenzländern sprechen." Es könne nicht die Lösung des Problems sein, dass am Ende Länder wie etwa Italien alles alleine regeln müssten.
Es gibt jetzt schon beachtliche Konflikte zwischen Frankreich und Italien bei diesem Thema.
Norbert Röttgen, CDU-Politiker
Deutschland und die EU seien hier "moralisch verwundbar". Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko und andere Diktatoren benutzten Schutz suchende Menschen als "Geiseln". "Und wir reagieren. Wir sind human empfindsam", ergänzte Röttgen.
"Und darum ist das für uns etwas, was wir nicht zurückdrängen, sondern wir haben eine humanitäre Verpflichtung, die wir auch abwägen müssen mit dem Gebot, dass unsere Grenzen kontrolliert werden und kein Kontrollverlust eintritt."
Quelle: ZDF

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