: Selenskyj und Scholz demonstrativ einig

14.05.2023 | 09:43 Uhr
Mit warmen Worten haben sich Ukraines Präsident Selenskyj und Kanzler Scholz ihres Dank und weiterer Unterstützung versichert. Demonstrativ nannten sich beide beim Vornamen.

Bei seinem Besuch im Kanzleramt hat Präsident Selenskyj Deutschlands Hilfe im Ukrainekrieg gelobt. Olaf Scholz versprach weitere Hilfe, allerdings keine Lieferung von Kampfjets.

14.05.2023 | 01:47 min
Wolodymyr Selenskyj ist an diesem Wochenende erstmals seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Deutschland gekommen. Bei einem Treffen im Kanzleramt mit dem ukrainischen Präsidenten versicherte Bundeskanzler Olaf Scholz der Ukraine an diesem Sonntag die weitere Unterstützung Deutschlands. Bisher sei Hilfe im Wert von 17 Milliarden Euro geleistet worden.
Wir unterstützen Euch so lange, wie es nötig sein wird.
Olaf Scholz, Bundeskanzler
Selenskyj bedankte sich ausdrücklich: "Der Umfang der deutschen Hilfe ist der zweitgrößte nach den USA", sagte er. Und fügte hinzu, er werde daran arbeiten, dass Deutschland auf Platz 1 landen werde. Selenskyj arbeite nach eigenen Angaben an einer Koalition für die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine. Russland habe ein militärisches Übergewicht im Luftraum, dies müsse sich ändern, sagte der ukrainische Präsident. "Ich denke, ich werde mich auch an die deutsche Seite wenden, um hier Unterstützung zu finden", sagt er. "Noch einige Besuche, dann ist es ausreichend."

In Berlin trifft der ukrainische Präsident auf Bundeskanzler Olaf Scholz. Zuvor hatte Selenskyj auf Schloss Bellevue dem deutschen Volk für die Solidarität mit der Ukraine gedankt.

14.05.2023 | 01:25 min
Fragen nach der Lieferung von Kampfjets an die Ukraine wich Scholz allerdings aus. Er verwies auf die bisherige deutsche Unterstützung beim Ausbau der ukrainischen Luftabwehr. Seit 444 Tagen laufe der erbarmungslose russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, sagte Scholz. Der schreckliche Krieg habe erhebliche geopolitische Konsequenzen, betreffe aber vor allem die Menschen in der Ukraine. Deutschland stehe auch in voller Solidarität zu den geflüchteten Menschen. Scholz: "Diese Solidarität, sie ist anhaltend und sie ist stark."
Selenskyj trat in der anschließenden Fragerunde Befürchtungen entgegen, seine Streitkräfte könnten mit moderneren westlichen Waffen auch russisches Staatsgebiet angreifen.
Wir greifen das russische Territorium nicht an. Wir befreien unser gesetzmäßiges Gebiet. Wir haben dafür keine Zeit, keine Kräfte und keine überzähligen Waffen dafür.
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
Man habe sich gemäß internationalem Recht bei der Vorbereitung der Gegenoffensivaktionen ausschließlich auf die Befreiung "unseres von der ganzen Welt anerkannten Territoriums" konzentriert.

Steinmeier empfing Selenskyj in Bellevue

Der offizielle Auftakt des Besuches war der Empfang Selenskyjs bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Selenskyj traf am Sonntagmorgen in einem Autokonvoi am Schloss Bellevue ein, dem Amtssitz des deutschen Staatsoberhauptes. Bei dem Empfang dankte er Deutschland für die breite Unterstützung. Selenskyj schrieb am Sonntag auf Englisch ins Gästebuch des Bundespräsidenten:
In der schwierigsten Zeit in der modernen Geschichte der Ukraine hat sich Deutschland als unser wahrer Freund und verlässlicher Verbündeter erwiesen, der im Kampf für die Verteidigung von Freiheit und demokratischen Werten entschieden an der Seite des ukrainischen Volkes steht.
Wolodymyr Selenskyj, Eintrag ins Gästebuch
Er ergänzte: "Gemeinsam werden wir gewinnen und den Frieden nach Europa zurückbringen."

Wolodymyr Selenskyj ist zu Besuch in Berlin. Dabei soll es unter anderem um das milliardenschwere Waffenpaket für die Ukraine gehen, welches die Bundesregierung zugesichert hat.

14.05.2023 | 00:19 min

Militärische Ehren im Kanzleramt

Selenskyj war in der Nacht zum Sonntag in Berlin gelandet. "Schon in Berlin", twitterte er um 00.36 Uhr. Selenskyj schrieb in seiner Botschaft die Schlagworte seiner Deutschlandreise auf: "Waffen. Mächtiges Paket. Luftabwehr. Wiederaufbau. EU. Nato. Sicherheit."
Tweet Selenskyjs
Die Luftwaffe schrieb am frühen Morgen auf Twitter: "Herzlich willkommen in Deutschland! Es ist uns eine große Ehre, den Präsidenten der Ukraine im deutschen Luftraum zu begrüßen!" Demnach wurde Selenskyj mit einem Airbus A319 der Flugbereitschaft in Rom abholt. Zwei Eurofighter vom Fliegerhorst Lechfeld südlich von Augsburg hätten den Präsidenten "sicher nach Berlin" eskortiert, hieß es.
Tweet der Luftwaffe

Exaktes Programm noch nicht bekannt

Das genaue Programm Selenskyjs wurde aus Sicherheitsgründen bislang nicht bekanntgegeben. Zum Abschluss des Besuches von Selenskyj in Berlin waren Beratungen im Rahmen des Sicherheitskabinetts geplant. Neben Scholz gehören dem Gremium unter anderen Verteidigungsminister Boris Pistorius, Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an.
Im Vorfeld waren Pläne zum Berlin-Besuch des ukrainischen Präsidenten öffentlich geworden:

Die Pläne zum Berlin-Besuch des ukrainischen Präsidenten sollten nicht öffentlich werden. Jetzt ermittelt das LKA.

04.05.2023 | 01:35 min
Am Nachmittag werden Selenskyj und das ukrainische Volk mit dem Karlspreis für europäische Verdienste ausgezeichnet. Kanzler Scholz wird dafür zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten nach Aachen fliegen und dort die Laudatio halten. Das kündigte Scholz in der Pressekonferenz in Berlin an. Als weitere Redner sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki dabei. Den Festakt überträgt ZDFheute im Livestream.

Welche Länder hat Selenskyj bislang besucht?

Selenskyj hatte sein Land in den ersten zehn Monaten nach der russischen Invasion gar nicht verlassen. Erst kurz vor Weihnachten flog er dann nach Washington, um dort US-Präsident Joe Biden zu treffen. Auf dem Rückweg machte er in Polen Halt und traf dort Staatschef Andrzej Duda. Es folgten Besuche in London, Paris, Brüssel, Warschau, Helsinki und Den Haag.

Warum Deutschland?

Deutschland gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine - sowohl militärisch, als auch finanziell. Seit Kriegsbeginn genehmigte die Bundesregierung Waffenlieferungen für 2,75 Milliarden Euro - deutlich mehr als einige andere Länder wie zum Beispiel Frankreich, die Selenskyj bereits besucht hat. Das wäre eigentlich schon Anlass genug, nach Deutschland zu kommen.

Welche Erwartungen hat Selenskyj an Scholz?

"In taktischer Hinsicht geht es natürlich um Waffen, denn um den Krieg zu gewinnen, braucht man Waffen, Waffen und nochmals Waffen." So hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba kürzlich in einem Interview die Erwartungen seines Landes an Deutschland formuliert - auch mit Blick auf die erwartete ukrainische Gegenoffensive.

Konkret nannte er Artilleriemunition, vor allem für große Entfernungen, gepanzerte Fahrzeuge und Flugabwehrsysteme. "All das ist in Deutschland vorhanden und Deutschland hat geliefert. Und Deutschland kann noch mehr liefern", sagte Kuleba.

Ist der Kanzler bereit, mehr zu liefern?

Im Prinzip schon. Die Devise lautet: Die Ukraine wird unterstützt, solange dies nötig ist - auch militärisch. An eine neue Qualität von Waffen ist dabei aber nicht gedacht. Die Lieferung von Kampfjets westlicher Bauart hat Scholz bisher als nicht sinnvoll abgelehnt.

Wird es auch um Kampfjets gehen?

Kann gut sein. Die Ukraine hofft auf die Lieferung amerikanischer F16-Kampfjets. Die hat die Bundeswehr zwar nicht zu bieten, weil sie stattdessen Tornados und Eurofighter fliegt. Trotzdem setzt Kiew darauf, dass Scholz dabei hilft, die USA von der Lieferung der Kampfjets zu überzeugen.

"Was wir von Deutschland erwarten ist, eine aktive Rolle beim Aufbau einer Länderkoalition zu spielen: Wer wird die Vereinigten Staaten davon überzeugen, den grünen Knopf, zu drücken?", sagte Kuleba. Deutschland könne hier eine Menge tun.

Kurz vor Selenskyjs Besuch in Deutschland sendete die Bundesregierung dem ukrainischen Präsidenten einen Willkommensgruß: Sie sagte ihm weitere Waffen im Wert von 2,7 Milliarden Euro für den Abwehrkampf gegen die Truppen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu.
Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist.
Boris Pistorius, Bundesverteidigungsminister
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Quelle: dpa, Reuters, ZDF

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