: Wie gefährlich ist die Schaufensterkrankheit?

von Olaf Schwabe
03.06.2024 | 06:35 Uhr
Wer beim Gehen immer wieder starke Schmerzen in den Beinen hat, könnte an der Schaufensterkrankheit leiden. Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann sie gefährlich werden.

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Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, kurz PAVK, handelt es sich um eine Durchblutungsstörung. Meist sind die Beine betroffen. In Deutschland leidet jeder fünfte über 65-Jährige daran. Doch viele wissen nichts davon. Beschwerden wie schmerzhafte Krämpfe in den Beinen treten oft erst im fortgeschrittenen Stadium auf, erklärt Gefäßchirurg Jan Kemke vom Benedictus Krankenhaus Tutzing.

Betroffene müssen beim Gehen Pausen einlegen

Umgangssprachlich wird die Erkrankung auch Schaufensterkrankheit genannt. Weil Betroffene aufgrund der Schmerzen immer wieder stehen bleiben müssen, pausieren sie oft vor Schaufenstern bis die Beschwerden nachlassen. Andere versuchen die Pausen beim Gehen zu überspielen und lassen diese wie einen Schaufensterbummel wirken.

Verschiedene Stadien der Schaufensterkrankheit

Stadium 1: Die Verengungen in den Blutgefäßen sind noch sehr gering. Es bestehen noch keine Symptome wie Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen in den Extremitäten.

Stadium 2: Bei Belastung kommt es zu krampfartigen Schmerzen in den Beinen. Betroffene müssen zum Beispiel beim Gehen häufig pausieren. Vom Stadium 2a spricht man, wenn sie noch mehr als 200 Meter ohne Beschwerden gehen können. Beim Stadium 2b können Betroffene keine 200 Meter mehr zurücklegen.

Stadium 3: In den betroffenen Extremitäten treten Schmerzen auch im Ruhezustand auf, vor allem im Liegen. In diesem Stadium ist die Durchblutungsstörung bereits weit fortgeschritten und sollte dringend behandelt werden.

Stadium 4: Durch eine fehlende Sauerstoff- und Nährstoffversorgung treten Schäden im Gewebe auf. Es kann zu Wundheilungsstörungen kommen. Offene Stellen können entstehen, zum Beispiel ein offenes Bein, das nicht mehr abheilt. In diesem Stadium kann Gewebe absterben, sodass Amputationen nötig werden.

Durchblutungsstörungen entwickeln sich über viele Jahre

Verantwortlich für die Durchblutungsstörungen in den Beinen sind Verengungen in den Beinarterien. Sie entstehen, wenn sich über Jahre Blutfette und Kalk an den Gefäßwänden ablagern. Nimmt die Gefäßverkalkung zu, verengen sich die Blutgefäße also immer mehr, nehmen auch die Beschwerden zu.
Irgendwann ist es dann so, dass die Durchblutung der Muskulatur, des Gewebes nicht mehr ausreicht und offene Stellen entstehen.
Dr. Jan Kemke, Gefäßchirurg, Benedictus Krankenhaus Tutzing
Schlimmstenfalls könne es zu Nekrosen kommen, schwarzen Verfärbungen der Haut, bis hin, dass Zehen oder der Fuß komplett absterben, so der Experte weiter.

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Risikofaktoren begünstigen Durchblutungsstörungen

Die Gefäßverengungen werden meist durch einen ungesunden Lebensstil sowie chronische Erkrankungen hervorgerufen: Zu den Risikofaktoren zählen neben dem Alter, vor allem Rauchen, eine ungesunde Ernährung, erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Übergewicht und Bewegungsmangel. Auch ein Diabetes kann eine PAVK begünstigen.

Gefäßverschluss ist ein akuter Notfall

Bei der Schaufensterkrankheit kann es auch zu einem plötzlichen Gefäßverschluss durch ein Blutgerinnsel kommen. Betrifft dies eine größere Arterie, handelt es sich um einen akuten Notfall. Typische Symptome sind plötzlich auftretende, pochende Schmerzen im betroffenen Bein. Außerdem kann der Puls am Fuß nicht mehr getastet werden. Mit blutverdünnenden Medikamenten kann man versuchen, das Blutgerinnsel aufzulösen. Ist das nicht möglich, muss es chirurgisch entfernt werden.

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Wie die Schaufensterkrankheit diagnostiziert wird

Zur Diagnose der Schaufensterkrankheit wird ein Gehtest durchgeführt. Dabei wird die Strecke ermittelt, die der Patient ohne Schmerzen zurücklegen kann. Mit einer speziellen Ultraschalluntersuchung, der Doppler-Sonographie, ist es möglich die Gefäße und den Blutfluss darzustellen. Die Messung des Knöchel-Arm-Index (Ankle Brachial Index), kurz ABI-Test, ist eine einfache Untersuchung, die Auskunft über den Zustand der Gefäße gibt. Um Ort und Ausmaß der Durchblutungsstörung genau zu bestimmen, werden zudem bildgebende Verfahren mit Kontrastmittelgabe durchgeführt.

Aktives Gehtraining hilft im Frühstadium

Im Frühstadium lässt sich die Erkrankung durch regelmäßiges, aktives Gehtraining und Ausschalten der Risikofaktoren erfolgreich behandeln. Bluthochdruck und hohe Blutzuckerwerte müssen gesenkt werden. Mit einer entsprechenden Ernährung und Gewichtsreduktion lassen sich Blutfettwerte verbessern. Gefäßverschlüsse könnten auch überbrückt werden, sagt der Experte.
Umso langsamer sich die arteriosklerotischen Engstellen oder Verschlüsse ausbilden, um so mehr hat der Körper eine Chance, neue Gefäße zu bilden.
Dr. Jan Kemke, Gefäßchirurg, Benedictus Krankenhaus Tutzing

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Wann operiert werden muss

Ist die Krankheit fortgeschritten, müssen chirurgische Verfahren eingesetzt werden, um die Durchblutung in den Beingefäßen zu verbessern. Kleinere Engstellen oder Gefäßverschlüsse können minimalinvasiv mithilfe eines Ballonkatheters aufgedehnt werden. Zur Stabilisierung kann eine Gefäßstütze (Stent) in die Arterie eingesetzt werden. Man könne heute 70 bis 80 Prozent aller Patienten mit dieser Schlüsselloch-Technik behandeln, erklärt Gefäßchirurg Kemke.
Wenn man operieren will, dann möglichst minimalinvasiv.
Dr. Jan Kemke, Gefäßchirurg, Benedictus Krankenhaus Tutzing
Sind größere Gefäßabschnitte von einer Verengung betroffen, müssen die Ablagerungen aus dem Gefäß herausgeschält werden. Reicht dies nicht aus, erfolgt häufig eine Bypass-Operation der Beingefäße. Dabei überbrückt der Gefäßchirurg aus einer körpereigenen Vene den Gefäßverschluss.

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