: Wunschgroßeltern: Mehr als Kinderbetreuung

von Susanne Seidl
03.02.2024 | 12:40 Uhr
Oma und Opa nicht in der Nähe - für viele Familien mit Kindern inzwischen Alltag. Wunschgroßeltern-Projekte schaffen Alternativen. Welche Vorteile das für alle Generationen bringt.

Freiwillige Senioren entlasten Eltern bei der Kinderbetreuung und erhalten dafür die Liebe der Kinder.

29.01.2024 | 05:03 min
Ob Kita-Abholung, Spiel, Sport oder Lernen - der Nachwuchs will durchgehend betreut und beschäftigt werden. Wer das Glück der eigenen Eltern in der Nähe hat, kann solche Aufgaben oft vertrauensvoll an die ältere Generation abgeben. Doch viele Familien sind längst aus der Heimatregion weggezogen. Nicht immer muss das ein Aufwachsen ohne Oma und Opa in der Nähe bedeuten.
Projekte wie in Schwerin bieten Alternativen. Seit 15 Jahren schafft das Schweriner Seniorenbüro Möglichkeiten, dass Wunschgroßeltern auf Wunschenkel treffen können. "Es geht darum, die Generationen zusammen zu bringen", sagt Martina Etzrodt vom Seniorenbüro Schwerin.
Und es geht auch darum, dass die Kinder erleben, wie ticken die Omas und Opas.
Martina Etzrodt, Seniorenbüro Schwerin
Es soll ein Austausch sein, von dem beide Seiten profitieren.

Wunschgroßeltern und Kinderbetreuung: Wie funktioniert's?

Sebastian Böhnisch ist erst vor kurzem mit seiner Familie aus dem Schwarzwald nach Schwerin gezogen. Er hat sich mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (vier und sechs Jahre alt) beim Schweriner Seniorenbüro vorgestellt. Dort gab er seine Wünsche an, wann und wie oft die Kinder betreut werden sollten.
"Wir haben viele interessierte Familien, die sich bei uns melden", sagt Martina Etzrodt vom Seniorenbüro. "Deswegen suchen wir verstärkt Senior*innen, die es sich vorstellen können, Wunschgroßeltern zu werden."

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Großelterndienst mit Führungszeugnis und Haftpflichtversicherung

Wer Interesse hat, stellt sich im Seniorenbüro vor und gibt an, in welchem Alter die Wunschenkel etwa sein sollten, ob es Erfahrung mit kleineren Kindern gibt und wie oft Kinder betreut werden können. Ein polizeiliches Führungszeugnis ist erforderlich. Eine Haftpflichtversicherung wird für beide Seiten empfohlen.
Für Familie Böhnisch waren schnell Wunschgroßeltern gefunden: Karin Wichmann und ihr Lebenspartner Michael Balkenhol. "Ich habe noch keine eigenen Enkelkinder", erzählt Karin Wichmann.
Ich wollte auch nach Renteneintritt noch was erleben und neue Menschen kennenlernen. Mit meinen Wunschenkeln und ihren Eltern habe ich mich auf Anhieb gut verstanden.
Karin Wichmann, als Wunschoma im Einsatz

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Keine Vermittlungsgebühr und ehrenamtliche Arbeit

Sind sich Familie und Wunschgroßeltern beim ersten Treffen im Seniorenbüro sympathisch, folgt eine Probephase von vier bis sechs Wochen. Danach entscheiden beide Seiten, ob sie zusammen bleiben wollen. Stimmt die Chemie doch nicht, sucht das Seniorenbüro weiter.
Eine Vermittlungsgebühr gibt es nicht, und auch der Job der Wunschgroßeltern ist rein ehrenamtlich. Im besten Fall ist es wie in verwandten Familien auch, ein gegenseitiges Geben und Nehmen. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass wir helfen, wo wir können, es soll ein Miteinander sein", sagt auch Sebastian Böhnisch.

Ob jung oder alt: Positive Auswirkungen auf seelische Gesundheit

Das Miteinander zwischen den jungen Familien und Senioren ist auch für die seelische Gesundheit wichtig. "Es hilft gegen Einsamkeit und Depressionen, unter denen viele Senioren heute leiden", sagt Eva-Lotta Brakemeier vom Lehrstuhl Psychologie und Psychotherapie an der Uni Greifswald.
Als Wunschgroßeltern können sie erleben, dass sie gebraucht werden, dass sie etwas von ihrer Lebensweisheit weitergeben können.
Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier, Lehrstuhl Psychologie und Psychologie an der Uni Greifswald
Junge Eltern werden durch die ältere Generation bei der Bewältigung von Beruf und Familie entlastet. Ein Faktor, der vor allem den Kindern zugutekommt, erklärt die Psychologin: "Die Kinder gewinnen, im besten Fall, weitere liebevolle und zugewandte Menschen, die sich um sie kümmern."

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Großelterndienst wird in vielen Kommunen angeboten

Das Projekt Wunschgroßeltern aus Schwerin ist bei Weitem nicht das einzige in Deutschland. Ob Berlin, Braunschweig oder das Berchtesgardener Land - im ganzen Bundesgebiet finden Interessierte Angebote zu Großelterndiensten.
Wunschoma oder Wunschopa kann grundsätzlich erstmal jede*r werden, geistige wie körperliche Fitness und die menschliche Offenheit vorausgesetzt. Und so kann man dann auch Erfüllung und Abwechslung finden wie Karin Wichmann in Schwerin: "Ich bin jetzt viel auf Spielplätzen und an der Ostsee mit den Enkelkindern unterwegs, durch sie fühle ich mich wieder gebraucht."
Susanne Seidl ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Mecklenburg-Vorpommern.

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