: Uniper ist jetzt Staatskonzern

22.12.2022 | 14:20 Uhr
Uniper ist jetzt in Staatshand. Die Beteiligung des Bundes an dem Energieversorger "ist erfolgt" und diene der Energieversorgung in Deutschland, melden die Ministerien.
Der Bund hat den Einstieg bei angeschlagenen Energiekonzern Uniper vollzogen.Quelle: picture alliance / Ulrich Baumgarten
Die erst reduzierten und dann ausgebliebenen Gaslieferungen aus Russland hatten Uniper an den Rand der Insolvenz gebracht - der Konzern musste die Lieferverpflichtungen seinen rund 1.000 Großkunden gegenüber einhalten und Gas zu sehr viel höheren Preisen einkaufen.
In den ersten neun Monaten des Jahres häufte der Konzern 40 Milliarden Euro Verlust an. Der Bund kaufte nun über eine Kapitalerhöhung von acht Milliarden Euro 93 Prozent der Anteile an Uniper. Weitere sechs Prozent der Anteile erwarb der Staat für 500 Millionen Euro vom bisherigen Hauptaktionär Fortum aus Finnland. Für "künftige Kapitalbedarfe" sind bis zu 25 weitere Milliarden eingeplant.

Unsere Energieversorgung ist schmutzig, teuer und bringt uns in fatale Abhängigkeiten. Seit den explodierenden Öl- und Gaspreisen ist klar: Die Energiegewinnung muss künftig anders aussehen.

02.03.2023 | 29:44 min

EU-Kommission billigt Einstieg unter Auflagen

Die EU-Kommission hatte den Rettungsplan für Uniper am Dienstag endgültig genehmigt, aber einige Auflagen gemacht. Der Bund muss seine Beteiligung bis spätestens 2028 auf maximal 25 Prozent plus eine Aktie zurückfahren, eine Verlängerung ist nur mit Genehmigung der EU-Kommission möglich.
Zudem muss Uniper Geschäftsbereiche verkaufen, "die einen großen Teil seiner Einnahmen ausmachen", wie die Kommission erklärt hatte. Dazu gehören das Kohle-Kraftwerk Datteln 4 in Deutschland, das Kraftwerk Gönyu in Ungarn und eine Reihe internationaler Tochtergesellschaften. Uniper muss zudem einen Teil seiner reservierten Gasspeicher- und Pipeline-Kapazitäten für Konkurrenten freigeben.

Gründung

Quelle: Oliver Berg/dpa
Uniper ist aus der ehemaligen Kraftwerkssparte und dem Handelsgeschäft des Energiekonzerns E.ON hervorgegangen, das dieser 2016 abspaltete. Der Name ist ein Kunstbegriff aus "unique" (einzigartig) und "performance" (Leistung). Die Idee dafür stammte von einem Mitarbeiter.

Beschäftigte

Der Konzern mit Hauptsitz in Düsseldorf beschäftigt in mehr als 40 Ländern 11.500 Mitarbeiter, davon rund 5.000 in Deutschland. Hauptmärkte sind Deutschland, Großbritannien, Schweden und - bis zum Krieg in der Ukraine - Russland. Neben der Stromerzeugung ist der Gashandel das wichtigste Geschäft.

Gasgeschäft

Der Konzern ist Nachfolger von E.ON Ruhrgas, die über Jahrzehnte Lieferbeziehungen zu Russland pflegte, und größter Gasimporteur Deutschlands. Das Geschäft umfasste zu guten Zeiten rund 400 Terawattstunden im Jahr - nach eigenen Angaben rein rechnerisch genug, um 22 Millionen Haushalte zu heizen. Uniper beliefert über 1.000 Kunden, insbesondere Stadtwerke und Regionalversorger, mit dem Brennstoff.

Gasspeicher

Uniper betreibt Gasspeicher in Deutschland, Österreich und Großbritannien mit einer Kapazität von 7,8 Milliarden Kubikmeter, davon 5,9 Milliarden in Deutschland. Zum Vergleich: Der Erdgas-Jahresverbrauch in Deutschland lag über Jahre im Schnitt bei rund 100 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Abhängigkeit von Russland

Uniper war bis zum Streit mit Russland im Zuge der Invasion in der Ukraine der größte ausländische Kunde des russischen Gaskonzerns Gazprom. Experten zufolge hatte Uniper mehr als die Hälfte seiner Erdgasmenge aus Russland bezogen.

Kennziffern

Mit einem Fehlbetrag von 40 Milliarden Euro für die ersten neun Monate 2022 hat Uniper den größten Netto-Verlust eines deutschen börsennotierten Unternehmens seit Bestehen der Bundesrepublik eingefahren. Uniper muss sich am teuren Spotmarkt Ersatz für die ausbleibenden Lieferungen aus Russland beschaffen. Die dadurch bislang entstandenen und bis Jahresende erwarteten Verluste beziffert Uniper auf rund 14 Milliarden Euro. Uniper will für die Verluste aus der Ersatzbeschaffung vor einem internationalen Schiedsgericht Schadenersatz von Gazprom erstreiten. Gazprom hält dies für unbegründet.

Stromerzeugung

Uniper betreibt insgesamt in Deutschland und im Ausland Kraftwerke, die bei der Stromproduktion über eine Kapazität von 33 Gigawatt verfügen. Das entspricht in etwa 33 Atomkraftwerken. Bekannteste Anlage ist das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4. Die russische Tochter Unipro, die Uniper verkaufen will, hat mehrere Kohle- und Gaskraftwerke in Russland.

Handel

Der Konzern handelt weltweit mit Energierohstoffen und verwandten Produkten wie Kohle, Öl, Gas, Fracht, CO2-Zertifikaten und Flüssiggas (LNG). In jüngerer Zeit hat Uniper neue Geschäftsfelder mit Erneuerbarer Energie und Wasserstoff aufgebaut.

Übernahme durch den Bund

Die Bundesregierung hatte mit Uniper und dessen finnischem Mehrheitsaktionär Fortum eine Vereinbarung getroffen, wonach der Bund Uniper fast komplett übernimmt. Dies soll mit Hilfe von Kapitalerhöhungen geschehen. Zudem übernimmt der Bund von Fortum das Uniper-Paket von knapp 80 Prozent der Anteile. Mit dem Bund im Rücken soll Uniper neu aufgestellt werden.

Quelle: reuters

Neubesetzungen im Aufsichtsrat

Der Konzern bleibe für die Führung der Geschäfte "selbst verantwortlich", betonten Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium. Für die Vorstände und Aufsichtsräte gelten Vergütungsbeschränkungen. Im Aufsichtsrat von Uniper sollen vier neue Mitglieder die Vertreterinnen und Vertreter des bisherigen Hauptaktionärs Fortum ersetzen.
Der Bund will die ehemalige Geschäftsführerin der Bundesfinanzagentur, Jutta Dönges, und die Energierechtlerin Ines Zenke entsenden. Neuer Aufsichtsratsvorsitzender soll Tom Blades werden, bis 2021 Chef des Industriedienstleisters Bilfinger. Uniper hat zudem den Investmentbanker Markus Schenck nominiert.

Uniper fliegt aus SDax

Wegen der Verstaatlichung flog Uniper aus dem Deutschen Aktienindex (Dax). Uniper werde aus dem SDax für kleinere Unternehmen gelöscht, teilte die Deutsche Börse mit. Der Streubesitz sei "im Zusammenhang mit einer Übernahme" auf unter zehn Prozent gesunken. Damit erfülle das Unternehmen nicht mehr die Basiskriterien für den Verbleib im Index. Die Anpassung werde zum 27. Dezember wirksam.
Quelle: afp

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