: So will die AfD an die Macht

28.07.2023 | 17:30 Uhr
"Wir sind bereit für mehr" – beflügelt vom Umfragehoch will die AfD regieren. ZDFheute live mit Korrespondentin Nicole Diekmann und Politikwissenschaftler Benjamin Höhne.

Gute Stimmung beim AfD-Parteitag

Die AfD erlebt aktuell einen politischen Höhenflug. Dass die in Teilen rechtsextreme Partei in Umfragen etwa doppelt so viel Zuspruch erhält, wie bei der letzten Bundestagswahl sorgt beim Bundesparteitag für gute Stimmung. Nach langen Zeiten der Grabenkämpfe herrsche nun "Disziplin, Einigkeit und Harmonie" in der AfD, so Parteichef Tino Chrupalla.
Angesichts der Topwerte bekräftigt die Partei ihren Machtanspruch. Bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr könne die AfD in den drei ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg die stärkste Kraft werden, so AfD-Chef Tino Chrupalla.

AfD-Leitantrag: EU-feindlich und russlandfreundlich

Mit Blick auf die anstehende Europawahl fordert die Partei einen "Kompetenzrückbau der EU". Zuvor hatte die AfD-Führung mit der wohl versehentlichen Forderung nach einer Auflösung der EU für Verwunderung gesorgt: In einem Leitantrag hieß es, die Partei strebe "die geordnete Auflösung der EU an". Davon rückte die Parteispitze nun aber wieder ab: Die Forderung sei durch ein "redaktionelles Versehen" in den Text geraten, hieß es.
Eine ausdrückliche Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine findet sich in dem Wahlprogramm nicht. Stattdessen fordert die AfD ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine sowie eine Wiederannäherung an Russland. Die Wirtschaftssanktionen müssten "sofort" beendet werden, heißt es im AfD-Leitantrag.
Wie realistisch ist der Regierungsanspruch der AfD? Wie positioniert sich die Partei inhaltlich? Und warum ist die AfD in den Umfragen so stark? Darüber sprechen wir bei ZDFheute live mit Hauptstadtkorrespondentin Nicole Diekmann auf dem AfD-Parteitag in Magdeburg und Politikwissenschaftler Benjamin Höhne von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

AfD mit Allzeitrekorden in Umfragen

Die Stimmung in Magdeburg dürfte gut sein: Im aktuellen ZDF-Politbarometer kommt die in Teilen rechtsextreme Partei in der Sonntagsfrage auf 20 Prozent – der höchste jemals gemessene Wert seit der Parteigründung vor zehn Jahren. Mit diesen Werten im Rücken sieht sich die Partei bereit für größere Aufgaben:
Wir können Regierungsverantwortung übernehmen.
AfD-Parteichef Tino Chrupalla
Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist zurzeit so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Angesichts der steigenden Umfragewerte der AfD mahnte Außenministerin Annalena Baerbock mehr Einigkeit in der Ampel-Koalition an:  
Durch monatelange öffentlich geführte Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition dürfen wir es ihnen nicht noch leichter machen.
Außenministerin Annalena Baerbock (B90/Grüne)

Sowohl Ampel als auch Union für AfD-Höhenflug verantwortlich

Viele Befragte des ZDF-Politbarometers machen vor allem die Grünen für das Erstarken der AfD verantwortlich. Doch trotz der Schwäche der Regierung kann die Union als größte Oppositionspartei in den Umfragen nicht profitieren. Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Daniel Günther, sieht auch seine Partei für das Erstarken der AfD mitverantwortlich.
Doch wie geht es weiter mit der AfD? Was können die anderen Parteien tun, um den Höhenflug zu stoppen? Meinungsforscher Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen hält eine Umkehr des Trends für möglich, wenn sich die Ampel-Koalition "zu einer größeren Geschlossenheit aufraffen" könne und die Unionsparteien "glaubwürdigere Alternativen" biete.

Von Rechtsradikalen bis Unzufriedenen: Wer wählt die AfD?

Die Bandbreite der AfD-Wähler reiche von gewaltbereiten jungen Männern, die "über ein geschlossen rechtsradikales Weltbild" verfügen, bis zum eher unpolitischen Menschen, "der sich über die aktuelle Regierungspolitik aufregt", so Meinungsforscher Jung. Allerdings gelte das auch für Protestwähler:
Die Menschen, die die Protestfunktion der AfD nutzen, sind sich schon bewusst, dass da rechtsradikale Elemente eine wesentliche Rolle spielen.
Meinungsforscher Matthias Jung
Mit Material von ZDF und afp.

Mehr aus ZDFheute live