Analyse

: Baerbock auf Mission für die Ukraine

von Diana Zimmermann, Mikolajiw
25.02.2024 | 15:57 Uhr
Die Außenministerin reist durch die zerstörte Ukraine, trotz russischer Drohnenangriffe und Raketen-Alarm. Ihre persönliche Mission: Hilfen zusichern und zum Durchhalten aufrufen.
Seit Tagen wegen des Kriegs in der Ukraine unterwegs: Außenministerin Annalena BaerbockQuelle: dpa
"Vielen Dank, dass Sie den Mut hatten, hier zu investieren", kann die Ministerin noch sagen, bevor ein Alarm die Delegation in die gepanzerten Fahrzeuge treibt. Annalena Baerbock (Grüne) bereist zum Ende des zweiten und damit auch zu Beginn des dritten Kriegsjahres die Ukraine.
Bei Mikolajiw hat das Berliner Unternehmen Boreal Light GmbH eine mit Solarenergie betriebene Wasserentsalzungsanlage errichtet, kofinanziert mit Mitteln des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Laut Außenministerin Baerbock sei es Ziel des russischen Präsidenten, dass die Ukraine sich ergebe.

24.02.2024 | 04:48 min

Entsalzungsanlage liefert 1.000 Kubikmeter Wasser

Nachdem die Russen während des Krieges die Trinkwasserversorgung und das Stromnetz von Mikolajiw zerstört hatten, ist das unabhängige und nachhaltig produzierte Wasser doppelt wertvoll - und gleichzeitig sehr günstig.
Täglich 1.000 Kubikmeter Wasser versorgen ein Drittel der Bewohner von Mikolajiw. Ali Al-Hakim, einer der beiden Unternehmensgründer, berichtet, dass sie das Konzept sehr erfolgreich in Ostafrika entwickelt hätten und er froh sei, nun der Ukraine helfen zu können. "Das nächste bauen Sie in Gaza", schlägt die Ministerin vor.

Die Menschen in der ukrainischen Hafenstadt müssen täglich mit Luftangriffen rechnen.

24.02.2024 | 02:01 min

Baerbock und Kuleba auf gemeinsamer Mission

Die Politikerin der Grünen ist auf Mission. Direkt aus New York ist sie am Samstag mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba über Berlin und Chisinau nach Odessa gereist. An jedem Stopp stellen die beiden ihre eigene innige und die deutsch-ukrainische Freundschaft allgemein zur Schau. Nennen hohe Summen, loben den Mut der Ukrainer, sprechen von Schulterschluss und Dank, verabreden sich für ein Treffen im jetzt russisch besetzten Luhansk - nach dem Krieg in der Ukraine.
Symbolpolitik ist auch dabei: Kiew wird in deutschen Regierungsdokumenten künftig Kyiv geschrieben, ukrainisch eben, nicht mehr russisch. Und doch schwebt über all dem die beklemmende Frage: Wie konnte es so weit kommen und warum dauert dieser "schrecklich lange Krieg" - wie der Papst ihn heute nannte - nun schon zwei Jahre?

Vor genau zwei Jahren begann Russland seinen vollumfänglichen Angriffskrieg. In Gedenkveranstaltungen erinnern die Ukrainer an die Opfer.

24.02.2024 | 02:12 min

Baerbock: Lage in Ukraine nicht hoffnungslos

Am Samstagabend in Odessa gibt Kuleba darauf eine sehr klare Antwort: Wäre die Ukraine Mitglied der EU und der Nato gewesen, hätte man ihr ein Jahr vor Ausbruch des Krieges geglaubt, was Kyiv schon lange über Russland sagte, und wäre die Hilfe nach Ausbruch des Krieges schneller gekommen, dann stünde er heute mit der "lieben Annalena", wie er Baerbock nennt, eben in Luhansk und nicht in Odessa.
Die Außenministerin weicht nicht ab von ihrem Skript, das da lautet: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Ja, es fehle an allem, aber es müsse halt erst produziert werden, der Bundestag habe gerade weitere zusätzliche Mittel beschlossen. Natürlich weiß sie so gut wie alle, dass die Hilfen nicht gereicht haben, um Russland zurückzudrängen, dass die Ukraine gerade in den letzten Tagen empfindliche Verluste erlitten hat, dass die Hälfte der zugesagten Waffen verspätet ankommt, wie der Verteidigungsminister am Sonntag in Kyiv klagt, während Baerbock vor dem zerstörten Verwaltungsgebäude in Mikolajiw steht.

Außenministerin Baerbock wandte sich beim G20 Gipfel in Brasilien direkt an Russlands Außenminister Lawrow und drängte auf ein Ende des Krieges.

22.02.2024 | 01:27 min

Ukrainischer Gouverneur: Russische Minen sind Katastrophe

Neben Barbock ist der Gouverneur der Region, Witalij Kim, dem der Angriff damals gegolten haben soll. Er klingt deutlich weniger zuversichtlich als die Außenministerin, als er sagt, man wisse nicht einmal, wie umgehen mit den rund neun Millionen Minen, die die Russen ins Land gebracht hätten. Sie seien eine humanitäre und eine ökologische Katastrophe. So wie die Seeminen, die Putin ins Schwarze Meer geschmissen habe, um den Getreideexport zu behindern und die nun Richtung Türkei trieben.
Baerbock wird etwas unwirsch, als wir sie fragen: All die geleistete Hilfe reiche doch offenkundig nicht, um den Krieg zu beenden, was also nun? Man dürfe sich nicht einreden lassen, dass die Hilfe vergebens sei, sie rette "jeden Tag Menschenleben durch Flugabwehrsysteme und durch den Wiederaufbau von Schulen und Krankenhäusern", sagt Baerbock und kündigt 100 Millionen Euro weitere Hilfen an.
Sie sei "ein bisschen stolz" darauf, dass die Bundesregierung Garantien abgegeben habe, so dass nun der Hamburger Hafen Odessa dabei helfen konnte, den für das Land so wichtigen Getreideexport wieder anzukurbeln. Andere deutsche Unternehmen hätten nachgezogen, all das seien wichtige Signale, die den Ukrainern Mut machten und der Zermürbungstaktik von Wladimir Putin zuwider liefen.

Das russische Staatsfernsehen feiere am zweiten Jahrestag des Kriegs in der Ukraine die militärischen Erfolge der vergangenen Tage, so ZDF-Korrespondent Armin Coerper in Moskau.

24.02.2024 | 02:01 min

Russische Drohne folgt Baerbock-Delegation kurzzeitig

Die Fahrzeuge der Delegation sausen über die Landstraße nach Westen, der erste Alarm wurde aufgehoben. Angeblich eine russische Drohne, die der Kolonne der Außenministerin eine Weile gefolgt und dann abgebogen sein soll. In beiden Richtungen lange Reihen von Lastwagen, der Getreideexport hat inzwischen tatsächlich wieder das Vorkriegsniveau erreicht.
Doch das ist eines der wenigen positiven Signale. Aus Gesprächen mit Ukrainern wird immer wieder klar, dass vor den US-Wahlen niemand einen Durchbruch erwartet, dass die Ukrainer müde sind, müder als Baerbock, müder jedenfalls, als sie es wahrhaben will.
Das dritte Kriegsjahr hat begonnen, trotz der internationalen Hilfe. Wieder gibt es Luftalarm in der Region Mikolajiw, tönt die Sirene der App und wie jedesmal warnt die Stimme von Luke Skywalker mit dem Filmzitat: "Your overconfidence is your weakness". Eine Schwäche, die sich die Ukraine schon lange nicht mehr leistet.
Diana Zimmermann ist Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin.
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