: Das sind Deutschlands Spitzenkandidaten
von Gunnar Krüger
31.05.2024 | 08:02 Uhr
Bei der Europawahl 2024 werden die Weichen für große Themen gestellt: Wie sollen Klimapolitik, Unterstützung für die Ukraine und die Wirtschaft in Europa künftig aussehen?
31.05.2024 | 01:24 minDie im Bundestag vertretenen Parteien haben Spitzenkandidaten für die Europawahl am 9. Juni aufgestellt. Ein Blick auf die Kandidaten und was sie im Europäischen Parlament erreichen möchten, die im ZDF-Morgenmagazin zu Gast waren:
Spitzenkandidat für die CSU: Manfred Weber
Spitzenkandidat der CSU ist EVP-Chef Manfred Weber. Kernforderungen: Den Verbrenner retten, europäische Aufrüstung, keine neuen gemeinsamen Schulden.
31.05.2024 | 01:12 minScheint, als habe jeder einen - seinen - Satz über Europa: "Wer Europa gestalten will, der muss verankert sein", ist der Europa-Satz von Manfred Weber. In Regensburg macht der CSU-Mann Wahlkampf wie vor 20 Jahren, als er das erste Mal nach Brüssel ging.
Weber im Bierzeltdunst, Lebkuchen um den Hals. "Europäer mit Herz" - in Zuckerguss. Nur die "Letzte Generation" stört das Bild, doch Weber nutzt die Klimaschützer als Stichwortgeber: "Nicht für eine Seite nur Politik machen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Das ist das, was mich, uns Christdemokraten, Christsoziale, auszeichnet."
Manfred Weber ...
... ist Jahrgang 1972, hat ein Diplom in Umwelttechnik, war sehr früh Landtagsabgeordneter in Bayern und ist seit zehn Jahren Fraktionschef der Konservativen im Europa-Parlament. CDU und CSU wollen den Verbrenner retten, wollen mehr europäische Aufrüstung - und dabei keine neuen gemeinsamen Schulden.
Weber, der mal selbst einen Spitzenposten wollte, baut Mehrheiten für Ursula von der Leyen, die als CDU-Frau auch der Europäischen Volkspartei angehört - und Spitzenkandidatin für die CDU ist. Weber ist EVP-Chef und wirbt um Giorgia Meloni, deren Partei "postfaschistisch" ist. Ein Problem?
Wir arbeiten nur mit Parteien zusammen, die für Europa stehen.
Mit dieser Formel macht er Meloni hoffähig. Ist das pragmatisch oder prinzipienlos? Der Wähler entscheidet, Mitbewerber nutzen es.
Spitzenkandidatin für die Grünen: Terry Reintke
Terry Reintke ist Spitzenkandidatin von Bündnis‘90/ Die Grünen. Sie will die EU klimaneutral und wettbewerbsfähig machen und bei Sozial-Standards den Wettlauf nach unten stoppen.
31.05.2024 | 01:09 min"Die größte Bedrohung für Europas Sicherheit ist das Erstarken von Rechtsaußen." Das ist Terry Reintkes Satz über Europa. Europas Grüne reagieren mit einem empörten "Wie bitte?" auf Annäherungen zwischen Konservativen und Teilen der Rechtsaußen-Parteien.
Theresa, Terry, Reintke ...
... ist Spitzenkandidatin der Grünen, in Deutschland sowie für die EU. Die 37-Jährige ist Kind konservativer Akademiker - und des Ruhrgebiets. Die Grünen wollen die EU klimaneutral und gerade damit wettbewerbsfähig machen, wollen smarte Energienetze und bei Sozialstandards den Wettlauf nach unten stoppen.
An ihrem Geburtstag, in ihrem Gelsenkirchen, fällt Reintke Weggefährten um den Hals. Doch der Trend ist kein Freund der Grünen. "2019 ging es ums Klima. Es lief für uns wie von allein. Jetzt heißt es, grüne Politik sei schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit", sagt der Niederländer Bas Eickhout, der zweite Teil des grünen Spitzenduos auf EU-Ebene. Reintke verspricht:
Wir werden jetzt nochmal alles geben.
Spitzenkandidatin für die SPD: Katarina Barley
Katarina Barley ist Spitzenkandidatin der SPD. Kernforderungen: Die europäische Arbeitslosenversicherung, die Digitalisierung beschleunigen, die EU zur Friedensmacht ausbauen.
31.05.2024 | 01:12 minKatarina Barley, Spitzenkandidatin der SPD, hat im Wahlkampf ein düsteres Zitat dabei: "Vor uns liegen dunkle, schwere Zeiten. Schon bald müssen wir uns entscheiden zwischen dem richtigen Weg und dem leichten." So sagt es Harry Potter, so führt Barley ihre Kampagne. Als Kampf zwischen Gut und Böse, als Rettung Europas vor Rechtsaußen.
Katarina Barley ...
... wurde 1968 geboren als Tochter eines britischen Journalisten und einer deutschen Ärztin. Sie studiert Jura, unter anderem in Paris, und wird SPD-Generalsekretärin, Justizministerin und auch schon EU-Spitzenkandidatin. Noch immer will die SPD die europäische Arbeitslosenversicherung, die schnelle Digitalisierung und eine EU als Friedensmacht.
Die neuen Ziele sind die alten - und auch ein Indiz dafür, was die SPD erreicht hat.
Wir wollen ein Europa, in dem es am Ende allen besser geht.
Das ist Barleys Europa-Satz - und genauso verhalten ist der Applaus.
AfD-Spitzenkandidat in Vertretung: René Aust
René Aust ist Europa-Kandidat der AfD. Seine Partei setzte ihn letztes Jahr auf Platz drei der Liste. Da Spitzenkandidat Krah nicht mehr vorzeigbar ist, soll es nun Aust richten.
31.05.2024 | 01:13 min"Wer eine gute Zukunft für unsere Nation und für unsern Kontinent haben möchte, der wählt die AfD." Es ist der Europa-Satz, den die anderen als Gefahr sehen. René Aust ist Kandidat der AfD, Platz drei. Zu Erklärung, warum ihn die Partei nach vorn schickt, reicht ein Zitat: "Krah, Krah, Krah."
René Aust ...
... ist Ruhrpott-Kind, aber Wahl-Thüringer. Der 37-jährige Landtagsabgeordnete gilt als Vertrauter des AfD-Landeschefs Björn Höcke. Die AfD will Brüssel Kompetenzen nehmen und geordnet raus aus dem Euro.
Auf die Bitte nach Fotos aus Kindertagen schickt Aust ziemlich frische Bilder: als Fallschirmspringer und Motorradfahrer. Und auf Facebook: Feier-Fotos mit Maximilian Krah und Petr Bystron. Beide sind vor ihm auf der Liste, beide belasten die Partei.
Darum also Aust. Doch auch er fordert eine "Festung Europa" gegen Migranten aus Afrika:
Ihr werdet diesen Kontinent nicht zu Eurer neuen Heimat machen.
So Aust vor einem Jahr. Ist er für die AfD die Lösung - oder das nächste Problem?
Spitzenkandidatin für die FDP: Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist die Spitzenkandidatin der FDP. Kernforderungen sind: Europas Verteidigung stärken, mehr Freihandelsabkommen und die EU soll KI-Hotspot werden.
31.05.2024 | 01:07 min"Es gibt einen europäischen Traum. Es gibt ihn. Lasst uns dafür streiten." Gleich drei Europa-Sätze ruft Marie-Agnes Strack-Zimmermann ihrer FDP zu - wie zur Erinnerung: Die EU hat noch was vor. Wenn der Wähler es will, muss Brüssel ihren Namen lernen: "Das mit Strack-Zimmermann ist nicht einfach. Aber wenn man ihn verstanden hat, wird er eine Marke."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann ...
... wurde als Marie-Agnes Jahn geboren. Die 66-Jährige holte sich, so früh es ging, den Motorrad-Führerschein und 1990 das Parteibuch. Ihre FDP will mehr Freihandelsabkommen und die EU zum KI-Hotspot machen.
Verteidigung gilt als das Europa-Thema der nächsten Wahlperiode. Strack-Zimmermann eckt damit in Berlin an. Bald auch in Brüssel?
Wer seine Meinung sehr dezidiert sagt, der löst Reaktionen aus, auch Emotionen.
Sie hofft: Emotionen sind der Stoff, der Marken macht.
Spitzenkandidat fürs BSW: Fabio De Masi
Fabio de Masi ist Spitzenkandidat für das Bündnis Sahra Wagenknecht. Kernforderungen: Weniger Bürokratie aus Brüssel, Friedens-Diplomatie mit Putin und höhere Steuern für Banken.
31.05.2024 | 01:12 minWir wollen eine EU, die nur das erledigt, was sie wirklich besser kann.
Mit diesem Europa-Satz meldet sich Fabio De Masi als ihr Gegenspieler. Der Spitzenkandidat für das Bündnis Sahra Wagenknecht will verhindern, "dass von der Leyen Rüstungs-Deals per WhatsApp macht."
Fabio De Masi ...
... wurde 1980 als Sohn eines Gewerkschafters aus Italien und einer deutschen Sprachlehrerin geboren. Er ist Aufklärer großer Finanzskandale. Für die Linke war er schonmal Europaabgeordneter. Mit dem BSW fordert er nun Friedensdiplomatie mit Russlands Präsident Wladimir Putin und höhere Steuern für Banken und Konzerne.
Der Fahrad-Fan macht eine Tour von Berlin nach Brüssel. Belgien empfängt ihn mit Regen. De Masi kann zeigen: Er ist noch wetterfest für EU-Politik und lässt sich selbstsicher auf die Bänke vor dem EU-Parlament sacken: "Fehlt nur noch die Stimmkarte."
Spitzenkandidat für die Linke: Martin Schirdewan
Martin Schirdewan ist Spitzenkandidat der Linken – im einem Duo mit der Aktivistin Carola Rackete. Sie ist EU-Neuling, er seit sieben Jahren im Europaparlament.
31.05.2024 | 01:03 min"Wir wollen ein Europa der sozialen Gerechtigkeit, Gerechtigkeit geht nur mit links." Den Europa-Satz sagt Martin Schirdewan - nach der Trennung von Leuten wie De Masi.
Martin Schirdewan ...
... engagiert sich früh in der Politik. Das liegt in der Familie. Sein Großvater Karl war SED-Funktionär und später ein Dissident. Schirdewan ist 14 Jahre alt, als die Mauer fällt, macht den Doktor in Politik und die Partei zum Beruf. Seit zwei Jahren ist er ihr Chef. Die Linke will den europäischen Mindestlohn stärken, will Klimaschutz - aber bitte sozial - und Frieden schaffen - mit weniger Waffen.
Die Spaltung der Linken will ihr Spitzenkandidat vergessen machen: "Jetzt haben wir die Chance, mit einem klaren Gerechtigkeitswahlkampf wieder zu erstarken." Krise als Chance - das Stück muss den Wähler noch überzeugen.
Gunnar Krüger ist Korrespondent im ZDF-Studio in Brüssel.