: Nahost: Warum es nicht nur um Israel geht

von Katharina Schuster
30.10.2023 | 01:27 Uhr
Laut US-General a.D. Ben Hodges hat Israel innenpolitisch keine andere Wahl, als zu versuchen, die Terrororganisation Hamas zu zerstören. Ob das gelingt, sei allerdings fraglich.

Sehen Sie hier das Interview mit Ben Hodges.

29.10.2023 | 08:16 min
Die politische Führung in Israel hat ausgerufen, die Hamas zerstören zu wollen. Das sei das Ziel der Kämpfe im Gazastreifen. "Abschreckung durch Strafe": So bezeichnet Generalleutnant a.D. Ben Hodges dieses Vorgehen. Doch kann Israel dieses Ziel überhaupt erreichen und welche möglichen Folgen könnten die Kämpfe nach sich ziehen?
Sehen Sie das Interview mit Ben Hodges oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Im ZDF heute journal stellt Hodges fest, dass ...

... es für Israel schwierig sein wird, die Hamas zu zerstören

"Ich glaube, es wird sehr schwierig sein für Israel, diese Aufgabe, Hamas zu zerstören, durchzuführen", sagt Hodges. Dies könne nur funktionieren, wenn Hamas von äußerer Unterstützung isoliert werde und die Inspirationsquellen der Hamas bekämpft würden.
Wenn Israel dies nicht gelinge, könnte die Armee "nur Infrastruktur zerstören und viele Hamas-Kämpfer töten".
Aber ich glaube nicht, dass sie sie wirklich zerstören können.
Ben Hodges, Generalleutnant a.D.

Israel wird aufgefordert, unschuldige Zivilisten in Gaza besser zu schützen. ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge über die Reaktion von Regierung und Militär.

29.10.2023 | 00:53 min

... Israel die Strategie "Abschreckung durch Strafe" fährt

"Ich denke aus innenpolitischen Gründen muss die israelische Armee gegen Hamas zurückschlagen", sagt Hodges. "Wir nennen das Abschreckung durch Strafe." So schicke man eine Botschaft an die Hamas und andere Terrororganisationen, dass sie nicht israelische Zivilisten angreifen können.
Doch:
Sie können nicht einfach das Problem in die Wüste schicken dadurch, dass sie Hamas töten.
Ben Hodges, Generalleutnant a.D.
Es müsse ein Übereinkommen geben, bei dem die Palästinenser – "und wir sprechen hier natürlich über die Zwei-Staaten-Lösung" – eine gewisse Hoffnung haben. Eine rein militärische Lösung könne es nicht geben.
ZDFheute Infografik
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... die USA Israel rät eine Strategie zu formulieren

Es gebe keinen Zweifel, dass Israel das Recht hat sich selbst zu verteidigen, sagt Hodges. "Dieser Angriff von Hamas ist nicht entschuldbar." "Aber trotzdem haben wir [USA] einen Fehler gemacht nach dem 11. September."
Unsere Entscheidung in den Irak zu gehen, hatte nichts zu tun mit dem Terroranschlag, da gab es viele Emotionen.
Ben Hodges, Generalleutnant a.D.

Ben Hodges ...

Quelle: Imago
... ist ehemaliger US-General. Er leitete Einsätze in Irak und Afghanistan, war Kommandeur der Nato-Landstreitkräfte in der Türkei. Von 2014 bis 2017 war Hodges Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte für Europa.
Die USA seien in den Irak und nach Afghanistan gegangen, ohne eine konkrete Strategie zu definieren, ein erreichbares Ziel festzulegen. Die USA haben dann "praktisch 20 Jahre lang versucht eine Strategie zu finden", so Hodges.
US-Präsident Joe Biden versuche nun Premier Netanjahu zu sagen: "Sehen Sie zu, dass die Emotionen, der Wunsch nach Rache, nicht die Strategie steuert". Es müsse eine Chance für nachhaltigen Frieden geben.

Israels Premier habe noch keine Verantwortung für das Versagen der Sicherheitskräfte am 7. Oktober übernommen. Und das, so ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge, habe einen Grund.

29.10.2023 | 02:26 min

... der Hamas-Angriff "sicherlich" mit Unterstützung von Iran und Russland durchgeführt wurde

Den größten Nutzen am Konflikt in Nahost habe Russland. "Der engste Verbündete von Russland ist der Iran, nicht China. Und die Entscheidung von Hamas anzugreifen, wurde sicherlich mit der Unterstützung vom Iran durchgeführt und auch mit Genehmigung des Kremls", sagt Hodges.
"Wie weit sich das entwickelt, wie viel mehr der Iran jetzt macht, das ist keine Entscheidung, die die selber treffen. Und Hamas wird diese Entscheidung auch nicht alleine treffen", sagt Hodges.
Die USA und Deutschland wollten sicherstellen, dass es keinen Flächenbrand gibt, dass sich die Hisbollah nicht auch noch beteiligt, so Hodges. "Es geht nicht nur um Israel, wir müssen an Russland denken, an den Iran, an Hamas, all diese Akteure sind Teil eines Ganzen."
Wenn wir der Ukraine helfen können, Russland zu besiegen, wenn wir den Iran abhalten können zu expandieren, wenn wir Israel helfen können Hamas zu schlagen und wenn wir unschuldige Zivilisten schützen können, dann schickt das auch eine Botschaft an China.
Ben Hodges, Generalleutnant a.D.
"Dass wir das alles erreichen können. Und das ist ganz wichtig, das ist ein Schlüssel."

Terror-Akt der Hamas am 07. Oktober

Die Terrororganisation Hamas hatte am 7. Oktober einen beispiellosen Großangriff auf Israel begonnen. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1.400 Menschen getötet. Zudem verschleppte sie laut neuen Armeeangaben vom Sonntagabend 239 Menschen in den Gazastreifen.
Als Reaktion auf den Großangriff riegelte Israel den Gazastreifen ab und startete massive Luftangriffe. Dabei wurden nach von unabhängiger Seite nicht überprüfbaren Hamas-Angaben vom Sonntag mehr als 8.000 Menschen getötet.
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali.
Quelle: ZDF

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