: Kann Europa sich noch auf die Nato stützen?

von Florian Neuhann
26.03.2024 | 16:46 Uhr
Die Nato wird 75 - und steht im Jahr der US-Wahl vor einer Zerreißprobe: Kann das Verteidigungsbündnis uns noch schützen? Und was macht Europa, wenn die USA ausfallen sollten?

Die Nato soll Europa schützen. Doch Russlands Aggression bedroht das Bündnis und Populisten planen den Austritt. Die Nato wird 75 – kann sie unsere Sicherheit noch garantieren?

27.03.2024 | 58:59 min
Wer wissen will, wie verteidigungsbereit die Nato in Europa ist, muss in den äußersten Südosten Rumäniens reisen. Nach Smardan, in einen kleinen Ort direkt an der Grenze zur Ukraine. Hier begleiten wir eine Übung der Nato-Battlegroup, einer der Nato-Kampfgruppen an der Ostflanke, die die Allianz nach der russischen Besetzung der Krim 2014 ins Leben gerufen hatte.

Mit veralteten Kampfpanzern Europa verteidigen?

Franzosen, Belgier, Polen, Luxemburger, Rumänen: sie trainieren hier den klassischen Landkrieg. Und so nah wie in Smardan kommen Nato-Panzer wohl nirgends sonst dem russischen Krieg: In der Umgebung wurden im Herbst 2023 mehrfach russische Drohnen gesichtet oder abgeschossen. Zur Grenze an die Ukraine sind es gerade mal 20 Kilometer.

In Polen haben Nato-Truppen eine Flussüberquerung mit Panzern geübt. Das Verteidigungsbündnis hält an seiner Ostflanke derzeit das größte Manöver seit Ende des Kalten Krieges ab.

05.03.2024 | 02:41 min
Die Soldatinnen und Soldaten sind motiviert, üben ihren Job angesichts der Bedrohung mit großer Ernsthaftigkeit aus. Allerdings müssen sie mit veraltetem Material kämpfen: In diesem Fall mit dem französischen Kampfpanzer Leclerc. Der Panzer, in den 90er Jahren entwickelt, wird längst nicht mehr produziert. Für die Übung muss er erstmal repariert werden - und bleibt doch nach kurzer Zeit liegen: Der Kühler ist defekt.

auslandsjournal die Doku: Wächter des Westens

Brauchen wir die Nato noch?

Europas Sicherheit hängt von der Stärke der Nato ab. Die Zukunft des Militärbündnisses aber ist alles andere als sicher. Denn Amerika wählt einen neuen Präsidenten. Sehen Sie die Doku von Florian Neuhann und Elmar Theveßen am Mittwoch, 27.3.2024 um 22.15 Uhr im ZDF - oder jederzeit in der Mediathek
Ein typisches Problem, heißt es. Typisch für den Kampfpanzer - und leider auch typisch für viele europäische Armeen, die nach Ende des Kalten Krieges kaputtgespart wurden.

Erste Militärübung in der Geschichte der EU

Könnte Europa sich ohne die Nato, ohne die USA verteidigen? Es ist der oberste Militär der EU, der Vorsitzende des EU-Militärausschusses Robert Brieger, der sagt:
Das ist eine vorwiegend politische Frage, und sie ist sie derzeit mit Nein zu beantworten.
Robert Brieger, Vorsitzende des EU-Militärausschusses
Brieger ist bei der ersten Militärübung, die die EU in ihrer Geschichte veranstaltet dabei: Eine Übung, für die im Aufbau befindliche schnelle Eingreiftruppe. Ein Versuch Europas, militärisch auf eigenen Beinen zu stehen.

Beim NATO-Gipfel in Vilnius hatte das Bündnis eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Ostflanke beschlossen.

10.08.2023 | 02:18 min
Die schnelle Eingreiftruppe soll im Laufe des Jahres 2025 einsatzbereit sein - und 5.000 Soldaten umfassen. Spät und wenig - vor allem für den Fall, dass im November in den USA der erklärte Nato-Skeptiker Donald Trump zum Präsidenten gewählt werden sollte. Es ist eine Gefahr, die Europa in zwei Lager spaltet: Die einen, angeführt von Frankreich, die sich für Eigenständigkeit der EU stark machen - und andere, die alles daransetzen wollen, die USA auch künftig in der Allianz zu halten.

Stoltenberg, der "Trump-Flüsterer"

Zur zweiten Gruppe zählt auch der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dessen Amtszeit im Herbst endet. Der 65-Jährige gilt seit Trumps erster Amtszeit als "Trump-Flüsterer": Als einer, der es geschafft hat, den damaligen Präsidenten vom Drinbleiben in der Nato zu überzeugen. Was also war sein Geheimnis?

Der Beitritt von Schweden und Finnland mache die Ostsee quasi zum Binnenmeer und bringe das Bündnis damit in eine "militärstrategisch sehr starke Position“, so NATO-General a. D. Ramms.

26.02.2024 | 04:49 min
Die Nato ist ein guter Deal für die USA.
Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär
Das habe er Trump wieder und wieder erklärt, berichtet Stoltenberg. Wobei einerseits die Botschaft wichtig war - andererseits die Wortwahl. Bewusst, so berichten seine Leute, habe Stoltenberg gezielt im US-Fernsehen - etwa bei "Fox News" - Worte platziert, die Trump gern hört: Der "gute Deal", die "gute Story".
Ob das auch bei einer möglichen zweiten Präsidentschaft gelingen würde? Selten war die Nato so wichtig für die Sicherheit des Westens wie in den letzten Jahren - und andererseits so großen Fliehkräften ausgesetzt.
Florian Neuhann ist Korrespondent im ZDF-Studio Brüssel.

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