Analyse

: Was die Sicherheitskonferenz gezeigt hat

von Thomas Reichart, München
18.02.2024 | 17:31 Uhr
Die Münchner Sicherheitskonferenz zeigt für Deutschland und Europa drei unangenehme Wahrheiten zum Ukraine-Krieg. Die große Frage bleibt: Ziehen alle die richtigen Schlüsse daraus?

Frieden durch Dialog schaffen: so das Motto der Münchner Sicherheitskonferenz. Wie gut gelingt das, worüber wird diskutiert? Unsere ZDF-Korrespondenten beobachten und ordnen ein.

18.02.2024 | 17:25 min
Wenn die Wichtigen dieser Münchner Sicherheitskonferenz in dunklen Limousinen abfahren und die weniger Wichtigen mit ihren Rollkoffern abziehen, wenn die Absperrgitter weggetragen und die Behelfszelte abgebaut werden, dann ist der Moment, an dem alle Bilanz ziehen. Diese drei Beobachtungen bleiben nach den drei Tagen:

1. Amerika wird's nicht richten

Wenn die US-Vizepräsidentin Kamala Harris und ihr umfänglicher Tross sich auf den Bayerischen Hof zu- oder wegbewegten, kam alles zum Stillstand. Der "Freeze" betraf unterschiedslos alle vom Reporter bis zum Minister oder Staats- und Regierungschef.
Die Botschaft der Amerikaner aber war am Ende weitaus zurückhaltender als ihr Protokoll. Ja, es gibt Hoffnung für die Ukraine, dass die Republikaner ihre Blockade im Repräsentantenhaus aufgeben könnten. Dass damit also die versprochenen rund 56 Milliarden Euro Hilfen für Kiew freigegeben werden.

"Alle sehen, wie die Gefahr gewachsen ist", sagt Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Er habe den Eindruck, es sei ein Ruck durch die EU gegangen.

18.02.2024 | 06:49 min
Aber niemand in Europa braucht sich nach dieser Konferenz irgendeiner Illusion hinzugeben, dass das in diesem Umfang einfach so weitergehen wird. Erst recht natürlich nicht, wenn Donald Trump wiedergewählt werden sollte.
Der republikanische Senator J.D. Vance hat es vielleicht am meisten zugespitzt: Auch die USA lebten in einer Zeit der Knappheit. Sie könnten nicht gleichzeitig in der Ukraine, im Nahen Osten und Asien präsent sein. "Das können wir einfach nicht. Ganz gleich, wie viele Schecks der US-Kongress ausstellt, wir sind dort eingeschränkt", so Vance.

2. Europa wird noch viel mehr leisten müssen

Es war einer der bemerkenswerten Momente dieser Konferenz, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) andere europäische Staaten ziemlich unverblümt aufforderte, deutlich mehr für die Ukraine zu leisten.
Der Zögerer macht Druck auf andere Staaten. Zum Beispiel auf Frankreich, das - wenn man der Scholzschen Zielvorgabe folgt - etwa zehnmal mehr an Unterstützung bereitstellen müsste als bislang. Die französische Delegation war, wie man hört, nicht amüsiert.

Ukraine und Nahost: Die beiden Kriege dominierten die 60. Ausgabe des Treffens. Es ging auch um die zukünftige Verteidigung Europas – und die mögliche Rolle der USA unter Trump.

18.02.2024 | 02:58 min
"Es ist gut, dass Scholz sehr klar die Notwendigkeit von mehr Militärhilfe für die Ukraine durch alle europäischen Partner benannt hat", sagt Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD, gegenüber dem ZDF. Und die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Agnes Strack-Zimmermann (FDP), erklärt:
Wir erwarten von den anderen Staaten der EU, dass sie ihre Zusagen einhalten und ihre Unterstützung erhöhen.
Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag

Deutschland zählt zu den größten Geberländern der Ukraine. Ein Überblick über die militärischen Ukraine-Hilfen der vergangenen zwei Jahre. Angefangenen bei den Stahlhelmen.

16.02.2024 | 01:41 min

3. Die Ukraine braucht mehr Waffen

Das größte Problem ist dabei, dass bei Munition und Waffen offenbar nicht mehr so viel da ist, wie es in der Ukraine gebraucht wird. Die Kapazität von Rüstungsfabriken wird zwar überall hochgefahren. Zum Beispiel in Deutschland oder mit deutscher Beteiligung in der Ukraine. Aber das braucht Zeit. Und die hat die Ukraine gerade nicht.
Hinzu kommt, dass es in Europa nach wie vor schwierig ist, sich auf eine gemeinsame Rüstungsproduktion zu einigen. Weil jeder auf sein Land, seine Arbeitsplätze, seine Unternehmen, seine Technologie schaut. München hat das Problem überdeutlich gemacht. Eine Lösung aber ist da nicht wirklich in Sicht.

Thema der Münchner Sicherheitskonferenz ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Scholz forderte die EU-Mitglieder auf, Kiew mehr Hilfe zu leisten.

17.02.2024 | 01:57 min
Veteranen der Münchner Sicherheitskonferenz erzählen gern den Satz, die Konferenz sei wie ein Wein. Wie gut der Jahrgang sei, merke man erst ein Jahr später. Wie gut dieses Jahr war, wird sich daran zeigen, welche Schlüsse aus diesen drei Punkten gezogen werden.
Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

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