: 2022 war das Jahr der Benzinpreisrekorde

26.12.2022 | 09:30 Uhr
Vor einem Jahr wären Autofahrer bei 1,65 Euro für einen Liter Super zusammengezuckt - heute gilt das als günstig. 2022 kostete E10 im Schnitt 1,86. Die Raffinerien profitierten.
2022 war der Liter E10 durchschnittlich 27 Cent teurer als im bisherigen Rekordjahr 2012 (Archivfoto).Quelle: dpa
Das Jahr 2022 hat an den Tankstellen alte Rekorde pulverisiert. Spritpreise weit über zwei Euro und zweistellige Preisanstiege von einem auf den anderen Tag lehrten die Autofahrer das Fürchten. Am Ende steht ein Rekord: Im Jahresschnitt wird ein Liter Superbenzin der Sorte E10 rund 1,86 Euro gekostet haben und Diesel 1,95 Euro, wie der ADAC berechnet hat. Das sind rund 27 beziehungsweise 47 Cent mehr als im bisher teuersten Tankjahr 2012.
Noch etwas war neu: Der Ölpreis war nicht alleine schuld. Früher folgten die Spritpreise fast immer den Notierungen des Rohöls. Doch als die Spritpreise kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges nach oben schossen, taten sie das sehr viel stärker als alleine vom Ölpreis her zu erwarten gewesen wäre. Auch das Bundeskartellamt stellte eine "nachhaltige Enkopplung" fest und untersucht die Branche derzeit.

Ölkonzerne machten riesige Gewinne

Doch was war es dann, was die Preise in nie gekannte Höhen trieb? Es kommen mehreren Faktoren zusammen: Im Zwischenbericht seiner Untersuchung betont das Kartellamt, dass die Ölkonzerne mit ihren Raffinerien "sehr große Gewinne" erwirtschaftet hätten. Auch Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarktexperte des ADAC, verweist auf die Raffinerien. Deren Renditen hätten sich vervielfacht.
Das deckt sich mit Zahlen, die das Kartellamt erhoben hat. Durchschnittliche Nettomargen kamen 2021 nie über 3 Cent pro Liter hinaus. Im Mai waren es bei Benzin bereits gut 15 Cent, bei Diesel um die 13. Einzelne Raffinerien strichen auch mehr als 25 Cent Gewinnspanne pro Liter ein.

Spritverbauch massiv gesunken

Hinzu kommen andere Faktoren: In der ersten Phase des Ukraine-Krieges spielten Unsicherheit und wackelnde Lieferketten eine Rolle. Bei Diesel kommt laut Albrecht hinzu, dass dieser Kraftstoff auch als Fertigprodukt in großen Mengen aus Russland importiert wurde und dass die Industrie ihn inzwischen vermehrt als Gasersatz kauft.

Wie viel Mehrkosten bedeuten die Preise für Autofahrer?

Wie stark die hohen Spritpreise Autofahrer belasten, hängt davon ab, wie viel ihr Fahrzeug verbraucht und wie weit sie jedes Jahr fahren. Doch geht man von den hochgerechneten Werten für das Gesamtjahr aus, zieht typische Fahrzeuge und Fahrleistungen heran und vergleicht mit den Durchschnittspreisen der zehn Jahre davor, sind es Hunderte Euro.

  • Bei einem Diesel mit einer Jahresfahrleistung von 20.000 Kilometern und einem Verbrauch von 6 Litern auf 100 Kilometern steigen die Kosten um rund 860 Euro im Jahr.
  • Benziner legen in der Regel kürzere Strecken zurück, verbrauchen aber mehr. Setzt man hier typische 10.500 Kilometer und 7,5 Liter auf 100 Kilometer an, liegen die Mehrkosten bei rund 360 Euro.

Haben die Preise Auswirkungen auf die Sprit-Wahl?

Der Anteil des günstigeren E10 am Benzinverbrauch ist kräftig gestiegen. In den ersten sieben Monaten des Jahres lag er bei 22,8 Prozent, im Vorjahreszeitraum erst bei 15,8. Und noch viel mehr Autofahrer könnten so sparen, sagt Laberer. "Fast alle Benziner vertragen das, wenn es sich nicht gerade um Oldtimer handelt. Der Preisunterschied beträgt meist 5 bis 6 Cent. Trotzdem wird immer noch viel mehr normales Super als E10 getankt."

Quelle: dpa

Die Teuerung schlug sich wohl auch im Spritverbrauch nieder. Obwohl im Frühjahr die Corona-Beschränkungen weitestgehend wegfielen, blieb der Verbrauch - insbesondere bei Benzin - deutlich unter dem der Vor-Corona-Zeit. Darauf deuten die amtlichen Mineralöldaten zur Auslieferung von Kraftstoff hin. Im Sommer wurde bei Benzin zwar das Vor-Corona-Niveau erreicht. In dieser Zeit galt allerdings die milliardenteure Steuersenkung auf Sprit, die die Verbraucher entlasten sollte. Im September - nach dem Ende der Steuersenkung - sackten die Auslieferungen ab.

Dieselpreise dürften im Frühjahr sinken

Seither sind die Spritpreise mit Schwankungen gefallen, Benzin hat sich zuletzt sogar "nach vielen Monaten der Übertreibung wieder in den Bereich des Normalen begeben", wie Albrecht sagt. Bei Diesel ist dies noch lange nicht erreicht.
Wie es mit den Spritpreisen weitergeht, hängt Albrecht zufolge unter anderem vom Krieg in der Ukraine, der weltweiten Konjunktur und dem Winter ab. So dürften die Dieselpreise im Frühjahr eher sinken, weil dann die Nachfrage nach dem ähnlichen Heizöl sinke. "Ich gehe aber davon aus, dass es irgendwann auch beim Diesel wieder zu einer gewissen Normalisierung kommt."
Quelle: von Christof Rührmair (dpa) und Bernhard Funck (dpa-AFX)

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