: Berlin singt Happy Birthday für Hamas-Geisel

von Henriette de Maizière
22.10.2023 | 22:48 Uhr
Tausende setzen ein Zeichen: Auf der pro-israelischen Kundgebung in Berlin sind auch Angehörige israelischer Geiseln. Für eine der Entführten singt die Menschenmenge.

Ein breites Bündnis von Politik, Kirchen und Verbänden haben heute zu Solidaritätsbekundungen für Israel aufgerufen. In Berlin kamen mehr als Zehntausend Menschen zusammen.

22.10.2023 | 01:35 min
Roni Roman ist nach Berlin gekommen, um für die Freilassung ihrer Schwester zu kämpfen. Mit brüchiger Stimme spricht sie auf der Kundgebung am Brandenburger Tor. Sie erzählt von ihrer Schwester, die mit ihrer dreijährigen Tochter von der Hamas aus dem Kibbuz Be’eri entführt wurde. Ob sie noch lebt, wie es ihr geht, weiß Roni Roman nicht.
Zur Kundgebung am Brandenburger Tor sind viele Menschen gekommen. Viele, die ein Zeichen setzen wollen gut zwei Wochen nach dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel - ein Zeichen gegen Antisemitismus und für Solidarität.

Auf der Kundgebung in Berlin haben auch Angehörige israelischer Geiseln gesprochen. Roni Roman hofft auf die Freilassung ihrer Schwester und singt "Happy Birthday" für sie.

22.10.2023 | 01:04 min

Tausende Teilnehmende in Berlin

Die Veranstalter sprechen von 25.000 Teilnehmenden - die Polizei von 10.000. Manche hier sind selbst jüdischen Glaubens, haben Verwandte in Israel. Andere wollen den Bildern der letzten Tage, als in Berlin Pro-Palästinensische Proteste in Gewalt mit der Polizei ausarteten, etwas entgegensetzen.
Unter dem Motto: "Nie wieder ist jetzt" sind sie gekommen, stehen zusammen, werden sichtbar. Sie sind viele. Und doch sollten es noch mehr sein.
Bundespräsident Steinmeier betonte, Deutschland stehe fest an der Seite Israels: "Auch unser Land ist gefordert, wie lange nicht. Es ist unerträglich, dass Jüdinnen und Juden heute wieder in Angst leben ausgerechnet in diesem Land. Jeder einzelne Angriff auf Jüdinnen und Juden, auf jüdische Einrichtungen ist eine Schande für Deutschland!"
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Ein breites Bündnis demokratischer Parteien, Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen haben zu der Veranstaltung aufgerufen: wollen aufstehen gegen den Terror, Hass und Antisemitismus und in Solidarität und Mitgefühl mit Israel stehen - so steht es in ihrem Aufruf.

Die meisten muslimischen Verbände nicht eingeladen

Wer beinahe vollständig fehlt, sind muslimische Vertreter. Nur die Alhambra-Gesellschaft gehört dem Bündnis an. Die anderen muslimischen Verbände wollten sich in den letzten Tagen nicht von dem Überfall der Hamas auf Israel distanzieren - waren deshalb nicht eingeladen.
Daniel Botman ist als Vertreter des Zentralrats der Juden auf der Veranstaltung. Er hofft, so sagt er, dass die hier gezeigte Solidarität auch noch besteht, wenn es zu einer israelischen Bodenoffensive kommt: "Die heutige Demonstration bedeutet auf der einen Seite, dass wir ein klares Bekenntnis haben, der Politik, der Zivilgesellschaft und auch des Bundespräsidenten. Und auf der anderen Seite, dass wir auch einen Maßstab haben, an dem wir uns, unser Land, unsere Gesellschaft auch in den nächsten Monaten messen können."

Seit Tagen wird über den Start einer großen Offensive Israels spekuliert. Jetzt hat die Armee vereinzelt Bodentruppen in den Gazastreifen entsandt. Michael Bewerunge berichtet.

23.10.2023 | 01:10 min
In seiner Rede sagt Bundespräsident Steinmeier am Brandenburger Tor: "Wir Deutschen leiden, wir beten, wir flehen mit Euch. Und wir wollen tun, was in unserer Macht steht, damit Ihre Angehörigen so schnell wie möglich freikommen." Roni Roman hört ihm genau zu - sie ist Nachfahrin einer Holocaust-Überlebenden.
Ihre Oma Lotte floh nach der Reichsprogromnacht 1938. Nun hofft Roni Roman auf Hilfe, ausgerechnet aus Deutschland. Ihre Schwester hat heute Geburtstag - und bittet die Teilnehmer der Kundgebung, mit ihr "Happy Birthday" zu singen. Und sie singen - ein Lied, das niemanden hier unberührt lässt.
Henriette de Maizière arbeitet im Landesstudio Berlin.

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