: Minister Gantz verlässt Israels Regierung

09.06.2024 | 19:47 Uhr
Im Streit um die Zukunft des Gazastreifens verlässt Minister Benny Gantz die Notstandsregierung Israels. Sie wurde nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober gebildet.

In Israel hat Minister Benny Gantz wegen innenpolitischer Spannungen wie erwartet das Kriegskabinett verlassen. Der Oppositionspolitiker rief zu Neuwahlen auf.

10.06.2024 | 00:19 min
In Israel erklärte Kriegskabinettsmitglied Benny Gantz wie erwartet seinen Rückzug aus der Notstandsregierung. Der Oppositionspolitiker, der mit seiner Partei bisher die Koalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unterstützt hat, ruft zu Neuwahlen auf.
Er gilt als größter politischer Rivale von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und als dessen aussichtsreichster Nachfolger bei Neuwahlen.

Netanjahu sei durch den Rücktritt Gantz‘ nicht geschwächt, im Gegenteil: Kürzliche Umfragen "zeigen sogar, dass er in der Wählergunst steigt", erläutert ZDF-Korrespondent Luc Walpot in Tel Aviv.

10.06.2024 | 04:42 min

Medien spekulierten über Rücktritt

Bereits für Samstagabend hatte er eine Pressekonferenz angekündigt, die er nach der Mitteilung über die Befreiung von vier Hamas-Geiseln im Gazastreifen aber kurzfristig absagte. Die Medien hatten spekuliert, dass er den Termin angesetzt hatte, um seinen Rücktritt als Minister aus dem Kriegskabinett bekannt zu geben.
Netanjahu rief Gantz am Samstagabend auf, seine Rücktrittsdrohung nicht umzusetzen. "Verlassen Sie nicht die Notstandsregierung", erklärte er im Onlinedienst X. Es sei die Stunde "der Einheit und nicht der Spaltung".

Freude bei den vier israelischen Geiseln, wieder bei ihren Familien. Das glückliche Ende von acht Monaten Gefangenschaft. Tausende fordern erneut die Freilassung aller Geiseln.

08.06.2024 | 02:35 min

Umfragen: Gantz als Netanjahu-Nachfolger mit guten Chancen

Umfragen zufolge hätte Gantz bei einem Auseinanderbrechen der Regierung und vorgezogenen Neuwahlen gute Chancen, Netanjahu im Amt abzulösen. Der angesehene Ex-Verteidigungsminister und frühere Armeechef hatte nach dem beispiellosen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober die Oppositionsrolle zurückgestellt und war dem Kriegskabinett als Minister ohne Ressort beigetreten.
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Mitte Mai hatte Gantz dann aber mit seinem Rücktritt gedroht, sollten Netanjahu und seine rechtsreligiöse Regierung bis zum 8. Juni keinen Nachkriegsplan für den Gazastreifen vorlegen.

Netanjahu und Gantz uneinig über Nachkriegsplan

Der von Gantz geforderte Nachkriegsplan für den Gazastreifen soll strategische Ziele enthalten. Dazu gehören:
  • die Entmachtung der Hamas
  • die Entmilitarisierung des Gazastreifens
  • die Gewährleistung der israelischen Sicherheitskontrolle über das Gebiet
  • die Rückkehr der Geiseln
Darüber hinaus soll nach dem Willen Gantz' eine "amerikanische, europäische, arabische und palästinensische Verwaltung" geschaffen werden, welche die zivilen Angelegenheiten im Gazastreifen regelt.
Netanjahu hatte die Forderungen als "leere Worte" zurückgewiesen und Gantz vorgeworfen, dass der Plan zu einer "Niederlage für Israel, der Aufgabe der meisten Geiseln, einer weiterhin intakten Hamas und der Schaffung eines palästinensischen Staates" führen werde.

US-Präsident Joe Biden hat einen Plan vorgestellt, um ein Ende des Krieges im Gaza-Streifen herbeizuführen. ZDF-Korrespondent Luc Walpot berichtet über die Stimmung in Israel.

01.06.2024 | 01:08 min

Welche Rolle spielen die USA?

Zuletzt traten die Spannungen zwischen Gantz und Netanjahu immer offener zutage. Nicht zuletzt Gantz' Besuche in den USA und Großbritannien sorgten bei Netanjahu für Verstimmung.
Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Reuven Hazan von der Hebräischen Universität Jerusalem reiste Gantz nach Washington und London, um dort zu zeigen, dass er das richtige Profil für einen künftigen Regierungschef habe. Was die Nachkriegszeit angeht, steht Gantz demnach der US-Position weitaus näher als Netanjahu.
Quelle: dpa, AFP, Reuters

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